Kant: AA VIII, Über den Gebrauch ... , Seite 173 |
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| 01 | Was den ersten Punkt betrifft, so erinnere man sich, daß ich jene | ||||||
| 02 | erste Anlagen nicht als unter verschiedene Menschen vertheilt - denn | ||||||
| 03 | sonst wären es so viel verschiedene Stämme geworden, - sondern im | ||||||
| 04 | ersten Menschenpaare als vereinigt angenommen hatte; und so paßten | ||||||
| 05 | ihre Abkömmlinge, an denen noch die ganze ursprüngliche Anlage für alle | ||||||
| 06 | künftige Abartungen ungeschieden ist, zu allen Klimaten (in Potentia), | ||||||
| 07 | nämlich so, daß sich derjenige Keim, der sie demjenigen Erdstriche, in | ||||||
| 08 | welchen sie oder ihre frühe Nachkommen gerathen würden, angemessen | ||||||
| 09 | machen würde, daselbst entwickeln könnte. Also bedurfte es nicht einer besonderen | ||||||
| 10 | weisen Fügung, sie in solche Örter zu bringen, wo ihre Anlagen | ||||||
| 11 | paßten; sondern wo sie zufälliger Weise hinkamen und lange Zeit ihre | ||||||
| 12 | Generation fortsetzten, da entwickelte sich der für diese Erdgegend in ihrer | ||||||
| 13 | Organisation befindliche, sie einem solchen Klima angemessen machende | ||||||
| 14 | Keim. Die Entwickelung der Anlagen richtete sich nach den Örtern, und | ||||||
| 15 | nicht, wie es Hr. F. mißversteht, mußten etwa die Örter nach den schon | ||||||
| 16 | entwickelten Anlagen ausgesucht werden. Dieses alles versteht sich aber | ||||||
| 17 | nur von der ältesten Zeit, welche lange gnug (zur allmähligen Erdbevölkerung) | ||||||
| 18 | gewährt haben mag, um allererst einem Volke, das eine | ||||||
| 19 | bleibende Stelle hatte, die zur Entwickelung seiner derselben angemessenen | ||||||
| 20 | Anlagen erforderliche Einflüsse des Klima und Bodens zu verschaffen. | ||||||
| 21 | Aber nun fährt er fort: wie ist nun derselbe Verstand, der hier so richtig | ||||||
| 22 | ausrechnete, welche Länder und welche Keime zusammen treffen sollten | ||||||
| 23 | (sie mußten nach dem Vorigen immer zusammentreffen, wenn man | ||||||
| 24 | auch will, daß sie nicht ein Verstand, sondern nur dieselbe Natur, die die | ||||||
| 25 | Organisation der Thiere so durchgängig zweckmäßig innerlich eingerichtet | ||||||
| 26 | hatte, auch für ihre Erhaltung eben so sorgfältig ausgerüstet habe), auf | ||||||
| 27 | einmal so kurzsichtig geworden, daß er nicht auch den Fall einer | ||||||
| 28 | zweiten Verpflanzung vorausgesehen? Dadurch wird ja die angeborne | ||||||
| 29 | Eigenthümlichkeit, die nur für Ein Klima taugt, gänzlich zwecklos etc. | ||||||
| 30 | Was nun diesen zweiten Punkt des Einwurfs betrifft, so räume ich | ||||||
| 31 | ein, daß jener Verstand, oder, wenn man lieber will, jene von selbst zweckmäßig | ||||||
| 32 | wirkende Natur nach schon entwickelten Keimen auf Verpflanzung | ||||||
| 33 | in der That gar nicht Rücksicht getragen, ohne doch deshalb der Unweisheit | ||||||
| 34 | und Kurzsichtigkeit beschuldigt werden zu dürfen. Sie hat | ||||||
| 35 | vielmehr durch ihre veranstaltete Angemessenheit zum Klima die Verwechselung | ||||||
| 36 | desselben, vornehmlich des warmen mit dem kältern, verhindert. | ||||||
| 37 | Denn eben diese übele Anpassung des neuen Himmelsstrichs zu dem schon | ||||||
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