Kant: AA VIII, Recensionen von J. G. Herders ... , Seite 061

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Hand des Verfassers selbst, z. B. zu untersuchen, obs nicht etwa besser      
  02 gesagt sei: nicht nur Tag und Nacht und Wechsel der Jahreszeiten      
  03 verändern das Klima, als S. 99: "Nicht nur Tag und Nacht      
  04 und der Reihentanz abwechselnder Jahreszeiten verändern das Klima";      
  05 ob S. 100 an eine naturhistorische Beschreibung dieser Veränderungen      
  06 folgendes in einer dithyrambischen Ode ungezweifelt schöne Bild sich      
  07 passend anschließe: "Um den Thron Jupiters tanzen ihre (der Erde)      
  08 "Horen einen Reihentanz, und was sich unter ihren Füßen bildet, ist      
  09 "zwar nur eine unvollkommne Vollkommenheit, weil alles auf die Vereinigung      
  10 "verschiedenartiger Dinge gebauet ist, aber durch eine innere      
  11 "Liebe und Vermählung mit einander wird allenthalben das Kind der      
  12 "Natur geboren, sinnliche Regelmäßigkeit und Schönheit"; oder ob nicht für      
  13 den Übergang von Bemerkungen der Reisebeschreiber über die Organisation      
  14 verschiedner Völker und über das Klima zu einer Sammlung daraus abgezogner      
  15 Gemeinsätze folgende Wendung, mit der das achte Buch anhebt,      
  16 zu episch sei: "Wie einem, der von den Wellen des Meeres eine Schifffahrt      
  17 "in die Luft thun soll, so ist mir, da ich jetzt nach den Bildungen      
  18 "und Naturkräften der Menschheit auf ihren Geist komme und die veränderlichen      
  19 "Eigenschaften desselben auf unserm weiten Erdenrunde aus      
  20 "fremden, mangelhaften und zum Theil unsichern Nachrichten zu erforschen      
  21 "wage." Auch untersuchen wir nicht, ob nicht der Strom seiner Beredsamkeit      
  22 ihn hie oder da in Widersprüche verwickele, ob z. B., wenn S. 248 angeführt      
  23 wird, daß Erfinder oft mehr den Nutzen ihres Fundes der Nachwelt      
  24 überlassen mußten, als für sich selbst erfanden, nicht hier ein neues      
  25 Beispiel zur Bestätigung des Satzes liege, daß die Naturanlagen des      
  26 Menschen, die sich auf den Gebrauch seiner Vernunft beziehn, nur in der      
  27 Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickelt werden sollten,      
  28 welchem Satze er doch mit einigen daraus fließenden, wiewohl nicht ganz      
  29 richtig gefaßten, S. 206 beinahe eine Beleidigung der Naturmajestät      
  30 (welches andere in Prosa Gotteslästerung nennen) Schuld zu      
  31 geben geneigt ist; dies alles müssen wir hier, der Schranken, die uns gesetzt      
  32 sind, eingedenk, unberührt lassen.      
           
  33 Eines hätte Recensent sowohl unserm Verf. als jedem andern      
  34 philosophischen Unternehmer einer allgemeinen Naturgeschichte des Menschen      
  35 gewünscht: nämlich daß ein historisch=kritischer Kopf ihnen insgesammt      
  36 vorgearbeitet hätte, der aus der unermeßlichen Menge von Völkerbeschreibungen      
  37 oder Reiseerzählungen und allen ihren muthmaßlich zur      
           
     

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