Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 265 |
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| 01 | Mädchen müssen früh zum freimüthigen, ungezwungenen Lächeln | ||||||
| 02 | gewöhnt werden; denn die Erheiterung der Gesichtszüge hiebei drückt sich | ||||||
| 03 | nach und nach auch im Inneren ab und begründet eine Disposition zur | ||||||
| 04 | Fröhlichkeit, Freundlichkeit und Geselligkeit, welche diese Annäherung zur | ||||||
| 05 | Tugend des Wohlwollens frühzeitig vorbereitet. | ||||||
| 06 | Einen in der Gesellschaft zum Stichblatt des Witzes (zum Besten) zu | ||||||
| 07 | haben, ohne doch stachlicht zu sein (Spott ohne Anzüglichkeit), gegen den | ||||||
| 08 | der Andere mit dem seinigen zu ähnlicher Erwiederung gerüstet und so | ||||||
| 09 | ein fröhliches Lachen in sie zu bringen bereit ist, ist eine gutmüthige und | ||||||
| 10 | zugleich cultivirende Belebung derselben. Geschieht dieses aber auf Kosten | ||||||
| 11 | eines Einfaltspinsels, den man wie einen Ball dem andern zuschlägt, so | ||||||
| 12 | ist das Lachen als schadenfroh wenigstens unfein, und geschieht es an | ||||||
| 13 | einem Schmarotzer, der sich Schwelgens halber zum muthwilligen Spiel | ||||||
| 14 | hingiebt oder zum Narren machen läßt, ein Beweis vom schlechten Geschmack | ||||||
| 15 | sowohl, als stumpfen moralischen Gefühl derer, die darüber aus | ||||||
| 16 | vollem Halse lachen können. Die Stelle eines Hofnarren aber, der zur | ||||||
| 17 | wohlthätigen Erschütterung des Zwergfells der höchsten Person durch Anstichelung | ||||||
| 18 | ihrer vornehmen Diener die Mahlzeit durch Lachen würzen soll, | ||||||
| 19 | ist, wie man es nimmt, über oder unter aller Kritik. | ||||||
| 20 | Von den Leidenschaften. |
[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 481) ] | |||||
| 21 | § 80. Die subjective Möglichkeit der Entstehung einer gewissen | ||||||
| 22 | Begierde, die vor der Vorstellung ihres Gegenstandes vorhergeht, ist der | ||||||
| 23 | Hang ( propensio ); - die innere Nöthigung des Begehrungsvermögens | ||||||
| 24 | zur Besitznehmung dieses Gegenstandes, ehe man ihn noch kennt, der Instinct | ||||||
| 25 | (wie der Begattungstrieb, oder der Älterntrieb des Thiers seine | ||||||
| 26 | Junge zu schützen u. d. g.). - Die dem Subject zur Regel (Gewohnheit) | ||||||
| 27 | dienende sinnliche Begierde heißt Neigung ( inclinatio ). - Die Neigung, | ||||||
| 28 | durch welche die Vernunft verhindert wird, sie in Ansehung einer gewissen | ||||||
| 29 | Wahl mit der Summe aller Neigungen zu vergleichen, ist die Leidenschaft | ||||||
| 30 | ( passio animi ). | ||||||
| 31 | Man sieht leicht ein, daß Leidenschaften, weil sie sich mit der ruhigsten | ||||||
| 32 | Überlegung zusammenpaaren lassen, mithin nicht unbesonnen sein | ||||||
| 33 | dürfen wie der Affect, daher auch nicht stürmisch und vorübergehend, sondern | ||||||
| 34 | sich einwurzelnd, selbst mit dem Vernünfteln zusammen bestehen | ||||||
| 35 | können, - der Freiheit den größten Abbruch thun, und wenn der Affect | ||||||
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