Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 560

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 indem das eine bewegt heißt, das andere, worauf in Beziehung jenes bewegt ist,      
  02 gleichwohl als schlechthin ruhig vorgestellt wird) gelten möge. Der absolute Raum      
  03 ist also nicht als ein Begriff von einem wirklichen Object, sondern als eine Idee,      
  04 welche zur Regel dienen soll, alle Bewegung in ihm blos als relativ zu betrachten,      
  05 nothwendig, und alle Bewegung und Ruhe muß auf den absoluten Raum reducirt      
  06 werden, wenn die Erscheinung derselben in einen bestimmten Erfahrungsbegriff      
  07 (der alle Erscheinungen vereinigt) verwandelt werden soll.      
           
  08 So wird die geradlinichte Bewegung eines Körpers im relativen Raume auf      
  09 den absoluten Raum reducirt, wenn ich den Körper als an sich ruhig, jenen Raum      
  10 aber im absoluten (der nicht in die Sinne fällt) in entgegengesetzter Richtung bewegt      
  11 und diese Vorstellung als diejenige denke, welche gerade dieselbe Erscheinung      
  12 giebt, wodurch denn alle mögliche Erscheinungen geradlinichter Bewegungen, die      
  13 ein Körper allenfalls zugleich haben mag, auf den Erfahrungsbegriff, der sie insgesammt      
  14 vereinigt, nämlich den der blos relativen Bewegung und Ruhe, zurückgeführt      
  15 werden.      
           
  16 Die Kreisbewegung, weil sie nach dem zweiten Lehrsatze auch ohne Beziehung      
  17 auf den äußeren, empirisch=gegebenen Raum als wirkliche Bewegung in      
  18 der Erfahrung gegeben werden kann, scheint doch in der That absolute Bewegung      
  19 zu sein. Denn die relative in Ansehung des äußeren Raums (z. B. die Achsendrehung      
  20 der Erde relativ auf die Sterne des Himmels) ist eine Erscheinung, an      
  21 deren Stelle die entgegengesetzte Bewegung dieses Raums (des Himmels) in derselben      
  22 Zeit als jener völlig gleichgeltend gesetzt werden kann, die aber nach diesem      
  23 Lehrsatze in der Erfahrung durchaus nicht an deren Stelle gesetzt werden darf, mithin      
           
     

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