Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 541

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 der Bewegung geben. Daß aber die bewegende Kraft, die eine Materie in ihrer      
  02 eigenen Bewegung hat, allein die Quantität der Substanz beweise, beruht auf      
  03 dem Begriffe der letzteren als dem letzten Subject (das weiter kein Prädicat von      
  04 einem andern ist) im Raume, welches eben darum keine andere Größe haben kann,      
  05 als die der Menge des Gleichartigen außerhalb einander. Da nun die eigene      
  06 Bewegung der Materie ein Prädicat ist, welches ihr Subject (das Bewegliche)      
  07 bestimmt und an einer Materie, als einer Menge des Beweglichen, die Vielheit der      
  08 bewegten Subjecte (bei gleicher Geschwindigkeit auf gleiche Art) angiebt, welches      
  09 bei dynamischen Eigenschaften, deren Größe auch die Größe der Wirkung von      
  10 einem einzigen Subjecte sein kann (z. B. da ein Lufttheilchen mehr oder weniger      
  11 Elasticität haben kann), nicht der Fall ist, so erhellt daraus, wie die Quantität der      
  12 Substanz an einer Materie nur mechanisch, d. i. durch die Quantität der eigenen      
  13 Bewegung derselben, und nicht dynamisch, durch die Größe der ursprünglich bewegenden      
  14 Kräfte, geschätzt werden müsse. Gleichwohl kann die ursprüngliche      
  15 Anziehung, als die Ursache der allgemeinen Gravitation, doch ein Maß der      
  16 Quantität der Materie und ihrer Substanz abgeben (wie das wirklich in der Vergleichung      
  17 der Materien durch Abwiegen geschieht), obgleich hier nicht eigene Bewegung      
  18 der anziehenden Materie, sondern ein dynamisch Maß, nämlich Anziehungskraft,      
  19 zum Grunde gelegt zu sein scheint. Aber weil bei dieser Kraft die Wirkung      
  20 einer Materie mit allen ihren Theilen unmittelbar auf alle Theile einer      
  21 andern geschieht und also (bei gleichen Entfernungen) offenbar der Menge der      
  22 Theile proportionirt ist, der ziehende Körper sich dadurch auch selbst eine Geschwindigkeit      
  23 der eigenen Bewegung ertheilt (durch den Widerstand des Gezogenen),      
  24 welche in gleichen äußeren Umständen gerade der Menge seiner Theile proportionirt      
  25 ist, so geschieht die Schäztung hier, obzwar nur indirect, doch in der That      
  26 mechanisch.      
           
  27
Lehrsatz 2.
     
           
  28 Erstes Gesetz der Mechanik. Bei allen Veränderungen      
  29 der körperlichen Natur bleibt die Quantität der Materie im      
  30 Ganzen dieselbe, unvermehrt und unvermindert.      
           
  31
Beweis.
     
           
  32 (Aus der allgemeinen Metaphysik wird der Satz zum Grunde gelegt,      
  33 daß bei allen Veränderungen der Natur keine Substanz weder entstehe      
  34 noch vergehe, und hier wird nur dargethan, was in der Materie die Substanz      
  35 sei.) In jeder Materie ist das Bewegliche im Raume das letzte      
  36 Subject aller der Materie inhärirenden Accidenzen und die Menge dieses      
           
     

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