Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 362

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 die höchsten Zwecke gerichteten Gebrauch im Felde möglicher Erfahrung      
  02 zu lehren. Dieses ist aber auch aller Nutzen, den man vernünftiger Weise      
  03 hiebei auch nur wünschen kann, und mit welchem man Ursache hat zufrieden      
  04 zu sein.      
           
  05
§ 60.
     
           
  06 So haben wir Metaphysik, wie sie wirklich in der Naturanlage      
  07 der menschlichen Vernunft gegeben ist, und zwar in demjenigen, was den      
  08 wesentlichen Zweck ihrer Bearbeitung ausmacht, nach ihrer subjectiven      
  09 Möglichkeit ausführlich dargestellt. daßwir indessen doch fanden, da      
  10 dieser blos natürliche Gebrauch einer solchen Anlage unserer Vernunft,      
  11 wenn keine Disciplin derselben, welche nur durch wissenschaftliche Kritik      
  12 möglich ist, sie zügelt und in Schranken setzt, sie in übersteigende, theils      
  13 blos scheinbare, theils unter sich sogar strittige dialektische Schlüsse verwickelt,      
  14 und überdem diese vernünftelnde Metaphysik zur Beförderung der      
  15 Naturerkenntniß entbehrlich, ja wohl gar ihr nachtheilig ist: so bleibt es      
  16 noch immer eine der Nachforschung würdige Aufgabe, die Naturzwecke,      
  17 worauf diese Anlage zu transscendenten Begriffen in unserer Natur abgezielt      
  18 sein mag, auszufinden, weil alles, was in der Natur liegt, doch auf      
  19 irgend eine nützliche Absicht ursprünglich angelegt sein muß.      
           
  20 Eine solche Untersuchung ist in der That mißlich; auch gestehe ich,      
  21 daß es nur Muthmaßung sei wie alles, was die ersten Zwecke der Natur      
  22 betrifft, was ich hievon zu sagen weiß, welches mir auch in diesem Fall      
  23 allein erlaubt sein mag, da die Frage nicht die objective Gültigkeit metaphysischer      
  24 Urtheile, sondern die Naturanlage zu denselben angeht und also      
  25 außer dem System der Metaphysik in der Anthropologie liegt.      
           
  26 Wenn ich alle transscendentale Ideen, deren Inbegriff die eigentliche      
  27 Aufgabe der natürlichen reinen Vernunft ausmacht, welche sie nöthigt, die      
  28 bloße Naturbetrachtung zu verlassen und über alle mögliche Erfahrung      
  29 hinauszugehen und in dieser Bestrebung das Ding (es sei Wissen oder      
  30 Vernünfteln), was Metaphysik heißt, zu Stande zu bringen, zusammennehme:      
  31 so glaube ich gewahr zu werden, daß diese Naturanlage dahin abgezielt      
  32 sei, unseren Begriff von den Fesseln der Erfahrung und den Schranken      
  33 der bloßen Naturbetrachtung so weit loszumachen, daß er wenigstens      
  34 ein Feld vor sich eröffnet sehe, was blos Gegenstände für den reinen Verstand      
  35 enthält, die keine Sinnlichkeit erreichen kann, zwar nicht in der Absicht,      
  36 um uns mit diesen speculativ zu beschäftigen (weil wir keinen Boden      
           
     

[ Seite 361 ] [ Seite 363 ] [ Inhaltsverzeichnis ]