| Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 401 | |||||||
| Zeile: 
 | Text (Kant): 
 | 
 
 | 
 
 | ||||
| 01 | eines Dinges) beinahe alle Belehrung Ausschlage. Zum logischen Prädicate | ||||||
| 02 | kann alles dienen, was man will, sogar das Subject kann von sich | ||||||
| 03 | selbst prädicirt werden; den die Logik abstrahirt von allem Inhalte. | ||||||
| 04 | Aber die Bestimmung ist ein Prädicat, welches über den Begriff des | ||||||
| 05 | Subjects hinzukommt und ihn vergrößert. Sie muß also nicht in ihm | ||||||
| 06 | schon enthalten sein. | ||||||
| 07 | Sein ist offenbar kein reales Prädicat, d. i. ein Begriff von irgend | ||||||
| 08 | etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen könne. Es ist | ||||||
| 09 | bloß die Position eines Dinges oder gewisser Bestimmungen an sich selbst. | ||||||
| 10 | Im logischen Gebrauche ist es lediglich die Copula eines Urtheils. Der | ||||||
| 11 | Satz: Gott ist allmächtig, enthält zwei Begriffe, die ihre Objecte | ||||||
| 12 | haben: Gott und Allmacht; das Wörtchen: ist, ist noch nicht ein Prädicat | ||||||
| 13 | obenein, sondern nur das, was das Prädicat beziehungsweise aufs | ||||||
| 14 | Subject setzt. Nehme ich nun das Subject (Gott) mit allen seinen Prädicaten | ||||||
| 15 | (worunter auch die Allmacht gehört) zusammen und sage: Gott ist, | ||||||
| 16 | oder es ist ein Gott, so setze ich kein neues Prädicat zum Begriffe von | ||||||
| 17 | Gott, sondern nur das Subject an sich selbst mit allen seinen Prädicaten | ||||||
| 18 | und zwar den Gegenstand in Beziehung auf meinen Begriff. Beide | ||||||
| 19 | müssen genau einerlei enthalten, und es kann daher zu dem Begriffe, der | ||||||
| 20 | bloß die Möglichkeit ausdrückt, darum daß ich dessen Gegenstand als | ||||||
| 21 | schlechthin gegeben (durch den Ausdruck: er ist) denke, nichts weiter hinzukommen. | ||||||
| 22 | Und so enthält das Wirkliche nichts mehr als das bloß Mögliche. | ||||||
| 23 | Hundert wirkliche Thaler enthalten nicht das Mindeste mehr, als | ||||||
| 24 | hundert mögliche. Denn da diese den Begriff, jene aber den Gegenstand | ||||||
| 25 | und dessen Position an sich selbst bedeuten, so würde, im Fall dieser mehr | ||||||
| 26 | enthielte als jener, mein Begriff nicht den ganzen Gegenstand ausdrücken | ||||||
| 27 | und also auch nicht der angemessene Begriff von ihm sein. Aber in meinem | ||||||
| 28 | Vermögenszustande ist mehr bei hundert wirklichen Thalern, als bei | ||||||
| 29 | dem bloßen Begriffe derselben (d. i. ihrer Möglichkeit). Denn der Gegenstand | ||||||
| 30 | ist bei der Wirklichkeit nicht bloß in meinem Begriffe analytisch enthalten, | ||||||
| 31 | sondern kommt zu meinem Begriffe (der eine Bestimmung meines | ||||||
| 32 | Zustandes ist) synthetisch hinzu, ohne daß durch dieses Sein außerhalb | ||||||
| 33 | meinem Begriffe diese gedachte hundert Thaler selbst im mindesten vermehrt | ||||||
| 34 | werden. | ||||||
| 35 | Wenn ich also ein Ding, durch welche und wie viel Prädicate ich will, | ||||||
| 36 | (selbst in der durchgängigen Bestimmung) denke, so kommt dadurch, daß | ||||||
| 37 | ich noch hinzusetze: dieses Ding ist, nicht das mindeste zu dem Dinge | ||||||
| [ Seite 400 ] [ Seite 402 ] [ Inhaltsverzeichnis ] | |||||||