Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 378 |
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Text (Kant):
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| 01 | IV |
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| 02 | Auflösung der kosmologischen Idee |
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| 03 | von der |
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| 04 | Totalität der Abhängigkeit der Erscheinungen |
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| 05 | ihrem Dasein nach überhaupt. |
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| 06 | In der vorigen Nummer betrachteten wir die Veränderungen der Sinnenwelt | ||||||
| 07 | in ihrer dynamischen Reihe, da eine jede unter einer andern als | ||||||
| 08 | ihrer Ursache steht. Jetzt dient uns diese Reihe der Zustände nur zur | ||||||
| 09 | Leitung, um zu einem Dasein zu gelangen, das die höchste Bedingung | ||||||
| 10 | alles Veränderlichen sein könne, nämlich dem nothwendigen Wesen. | ||||||
| 11 | Es ist hier nicht um die unbedingte Causalität, sondern die unbedingte | ||||||
| 12 | Existenz der Substanz selbst zu thun. Also ist die Reihe, welche wir vor | ||||||
| 13 | uns haben, eigentlich nur die von Begriffen und nicht von Anschauungen, | ||||||
| 14 | in so fern die eine die Bedingung der andern ist. | ||||||
| 15 | Man sieht aber leicht: daß, da alles in dem Inbegriffe der Erscheinungen | ||||||
| 16 | veränderlich, mithin im Dasein bedingt ist, es überall in der Reihe | ||||||
| 17 | des abhängigen Daseins kein unbedingtes Glied geben könne, dessen Existenz | ||||||
| 18 | schlechthin nothwendig wäre, und daß also, wenn Erscheinungen | ||||||
| 19 | Dinge an sich selbst wären, eben darum aber ihre Bedingung mit dem | ||||||
| 20 | Bedingten jederzeit zu einer und derselben Reihe der Anschauungen gehörte, | ||||||
| 21 | ein nothwendiges Wesen als Bedingung des Daseins der Erscheinungen | ||||||
| 22 | der Sinnenwelt niemals stattfinden könnte. | ||||||
| 23 | Es hat aber der dynamische Regressus dieses Eigenthümliche und Unterscheidende | ||||||
| 24 | von dem mathematischen an sich: daß, da dieser es eigentlich | ||||||
| 25 | nur mit der Zusammensetzung der Theile zu einem Ganzen, oder der Zerfällung | ||||||
| 26 | eines Ganzen in seine Theile zu thun hat, die Bedingungen dieser | ||||||
| 27 | Reihe immer als Theile derselben, mithin als gleichartig, folglich als Erscheinungen | ||||||
| 28 | angesehen werden müssen; anstatt daß in jenem Regressus, | ||||||
| 29 | da es nicht um die Möglichkeit eines unbedingten Ganzen aus gegebenen | ||||||
| 30 | Theilen, oder eines unbedingten Theils zu einem gegebenen Ganzen, sondern | ||||||
| 31 | um die Ableitung eines Zustandes von seiner Ursache, oder des zufälligen | ||||||
| 32 | Daseins der Substanz selbst von der nothwendigen zu thun ist, | ||||||
| 33 | die Bedingung nicht eben nothwendig mit dem Bedingten eine empirische | ||||||
| 34 | Reihe ausmachen dürfe. | ||||||
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