Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 342 |
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| 01 | einerlei: ob ich sage, ich könne im empirischen Fortgange im Raume auf | ||||||
| 02 | Sterne treffen, die hundertmal weiter entfernt sind, als die äußersten, die | ||||||
| 03 | ich sehe; oder ob ich sage, es sind vielleicht deren im Weltraume anzutreffen, | ||||||
| 04 | wenn sie gleich niemals ein Mensch wahrgenommen hat oder wahrnehmen | ||||||
| 05 | wird; denn wenn sie gleich als Dinge an sich selbst, ohne Beziehung auf | ||||||
| 06 | mögliche Erfahrung überhaupt, gegeben wären, so sind sie doch für mich | ||||||
| 07 | nichts, mithin keine Gegenstände, als sofern sie in der Reihe des empirischen | ||||||
| 08 | Regressus enthalten sind. Nur in anderweitiger Beziehung, wenn | ||||||
| 09 | eben diese Erscheinungen zur kosmologischen Idee von einem absoluten | ||||||
| 10 | Ganzen gebraucht werden sollen, und wenn es also um eine Frage zu thun | ||||||
| 11 | ist, die über die Grenzen möglicher Erfahrung hinausgeht, ist die Unterscheidung | ||||||
| 12 | der Art, wie man die Wirklichkeit gedachter Gegenstände der | ||||||
| 13 | Sinne nimmt, von Erheblichkeit, um einem trüglichen Wahne vorzubeugen, | ||||||
| 14 | welcher aus der Mißdeutung unserer eigenen Erfahrungsbegriffe unvermeidlich | ||||||
| 15 | entspringen muß. | ||||||
| 16 | Der |
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| 17 | Antinomie der reinen Vernunft |
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| 18 | Siebenter Abschnitt. |
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| 19 | Kritische Entscheidung des kosmologischen Streits der |
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| 20 | Vernunft mit sich selbst. |
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| 21 | Die ganze Antinomie der reinen Vernunft beruht auf dem dialektischen | ||||||
| 22 | Argumente: Wenn das Bedingte gegeben ist, so ist auch die ganze | ||||||
| 23 | Reihe aller Bedingungen desselben gegeben; nun sind uns Gegenstände | ||||||
| 24 | der Sinne als bedingt gegeben; folglich etc. Durch diesen Vernunftschluß, | ||||||
| 25 | dessen Obersatz so natürlich und einleuchtend scheint, werden nun nach | ||||||
| 26 | Verschiedenheit der Bedingungen (in der Synthesis der Erscheinungen), so | ||||||
| 27 | fern sie eine Reihe ausmachen, eben so viel kosmologische Ideen eingeführt, | ||||||
| 28 | welche die absolute Totalität dieser Reihen postuliren und eben dadurch | ||||||
| 29 | die Vernunft unvermeidlich in Widerstreit mit sich selbst versetzen. | ||||||
| 30 | Ehe wir aber das Trügliche dieses vernünftelnden Arguments aufdecken, | ||||||
| 31 | müssen wir uns durch Berichtigung und Bestimmung gewisser darin vorkommenden | ||||||
| 32 | Begriffe dazu in Stand setzen. | ||||||
| 33 | Zuerst ist folgender Satz klar und ungezweifelt gewiß: daß, wenn | ||||||
| 34 | das Bedingte gegeben ist, uns eben dadurch ein Regressus in der Reihe | ||||||
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