Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 339 |
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| 01 | Bedeutung macht aus diesen Modificationen unserer Sinnlichkeit an sich | ||||||
| 02 | subsistirende Dinge und daher bloße Vorstellungen zu Sachen an | ||||||
| 03 | sich selbst. | ||||||
| 04 | Man würde uns Unrecht thun, wenn man uns den schon längst so | ||||||
| 05 | verschrieenen empirischen Idealismus zumuthen wollte, der, indem er die | ||||||
| 06 | eigene Wirklichkeit des Raumes annimmt, das Dasein der ausgedehnten | ||||||
| 07 | Wesen in demselben leugnet, wenigstens zweifelhaft findet und zwischen | ||||||
| 08 | Traum und Wahrheit in diesem Stücke keinen genugsam erweislichen Unterschied | ||||||
| 09 | einräumt. Was die Erscheinungen des innern Sinnes in der | ||||||
| 10 | Zeit betrifft: an denen als wirklichen Dingen findet er keine Schwierigkeit; | ||||||
| 11 | ja er behauptet sogar, daß diese innere Erfahrung das wirkliche Dasein | ||||||
| 12 | ihres Objects (an sich selbst mit aller dieser Zeitbestimmung) einzig | ||||||
| 13 | und allein hinreichend beweise. | ||||||
| 14 | Unser transscendentaler Idealism erlaubt es dagegen: daß die Gegenstände | ||||||
| 15 | äußerer Anschauung, eben so wie sie im Raume angeschauet | ||||||
| 16 | werden, auch wirklich sind und in der Zeit alle Veränderungen, so wie sie | ||||||
| 17 | der innere Sinn vorstellt. Denn da der Raum schon eine Form derjenigen | ||||||
| 18 | Anschauung ist, die wir die äußere nennen, und ohne Gegenstände in | ||||||
| 19 | demselben es gar keine empirische Vorstellung geben würde: so können und | ||||||
| 20 | müssen wir darin ausgedehnte Wesen als wirklich annehmen; und eben so | ||||||
| 21 | ist es auch mit der Zeit. Jener Raum selber aber sammt dieser Zeit und | ||||||
| 22 | zugleich mit beiden alle Erscheinungen sind doch an sich selbst keine Dinge, | ||||||
| 23 | sondern nichts als Vorstellungen und können gar nicht außer unserem Gemüth | ||||||
| 24 | existiren; und selbst ist die innere und sinnliche Anschauung unseres | ||||||
| 25 | Gemüths (als Gegenstandes des Bewußtseins), dessen Bestimmung durch | ||||||
| 26 | die Succession verschiedener Zustände in der Zeit vorgestellt wird, auch | ||||||
| 27 | nicht das eigentliche Selbst, so wie es an sich existirt, oder das transscendentale | ||||||
| 28 | Subject, sondern nur eine Erscheinung, die der Sinnlichkeit dieses | ||||||
| 29 | uns unbekannten Wesens gegeben worden. Das Dasein dieser inneren | ||||||
| 30 | Erscheinung als eines so an sich existirenden Dinges kann nicht eingeräumt | ||||||
| 31 | werden, weil ihre Bedingung die Zeit ist, welche keine Bestimmung | ||||||
| 32 | irgend eines Dinges an sich selbst sein kann. In dem Raume aber und | ||||||
| 33 | der Zeit ist die empirische Wahrheit der Erscheinungen genugsam gesichert | ||||||
| 34 | und von der Verwandtschaft mit dem Traume hinreichend unterschieden, | ||||||
| 35 | wenn beide nach empirischen Gesetzen in einer Erfahrung richtig und | ||||||
| 36 | durchgängig zusammenhängen. | ||||||
| 37 | Es sind demnach die Gegenstände der Erfahrung niemals an sich | ||||||
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