Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 313 |
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| 01 | zu verwerfen (Grundkräfte), die ihr eben so wenig begreifen könnt, | ||||||
| 02 | und selbst die Möglichkeit einer Veränderung überhaupt muß euch anstößig | ||||||
| 03 | werden. Denn wenn ihr nicht durch Erfahrung fändet, daß sie | ||||||
| 04 | wirklich ist, so würdet ihr niemals a priori ersinnen können, wie eine solche | ||||||
| 05 | unaufhörliche Folge von Sein und Nichtsein möglich sei. | ||||||
| 06 | Wenn auch indessen allenfalls ein transscendentales Vermögen der | ||||||
| 07 | Freiheit nachgegeben wird, um die Weltveränderungen anzufangen, so | ||||||
| 08 | würde dieses Vermögen doch wenigstens nur außerhalb der Welt sein | ||||||
| 09 | müssen (wiewohl es immer eine kühne Anmaßung bleibt, außerhalb dem | ||||||
| 10 | Inbegriffe aller möglichen Anschauungen noch einen Gegenstand anzunehmen, | ||||||
| 11 | der in keiner möglichen Wahrnehmung gegeben werden kann). | ||||||
| 12 | Allein in der Welt selbst den Substanzen ein solches Vermögen beizumessen, | ||||||
| 13 | kann nimmermehr erlaubt sein, weil alsdann der Zusammenhang | ||||||
| 14 | nach allgemeinen Gesetzen sich einander nothwendig bestimmender Erscheinungen, | ||||||
| 15 | den man Natur nennt, und mit ihm das Merkmal empirischer | ||||||
| 16 | Wahrheit, welches Erfahrung vom Traum unterscheidet, größtentheils verschwinden | ||||||
| 17 | würde. Denn es läßt sich neben einem solchen gesetzlosen Vermögen | ||||||
| 18 | der Freiheit kaum mehr Natur denken, weil die Gesetze der letzteren | ||||||
| 19 | durch die Einflüsse der ersteren unaufhörlich abgeändert und das Spiel | ||||||
| 20 | der Erscheinungen, welches nach der bloßen Natur regelmäßig und gleichförmig | ||||||
| 21 | sein würde, dadurch verwirrt und unzusammenhängend gemacht | ||||||
| 22 | wird. | ||||||
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