Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 308 |
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| 01 | Der Antinomie der reinen Vernunft |
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| 02 | Dritter Widerstreit der transscendentalen Ideen. |
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| 03 | Thesis. |
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| 04 | Die Causalität nach Gesetzen der Natur ist nicht die einzige, aus welcher | ||||||
| 05 | die Erscheinungen der Welt insgesammt abgeleitet werden können. | ||||||
| 06 | Es ist noch eine Causalität durch Freiheit zu Erklärung derselben anzunehmen | ||||||
| 07 | nothwendig. | ||||||
| 08 | Beweis. |
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| 09 | Man nehme an, es gebe keine andere Causalität, als nach Gesetzen | ||||||
| 10 | der Natur; so setzt alles, was geschieht, einen vorigen Zustand voraus, | ||||||
| 11 | auf den es unausbleiblich nach einer Regel folgt. Nun muß aber der | ||||||
| 12 | vorige Zustand selbst etwas sein, was geschehen ist (in der Zeit geworden, | ||||||
| 13 | da es vorher nicht war), weil, wenn es jederzeit gewesen wäre, seine Folge | ||||||
| 14 | auch nicht allererst entstanden, sondern immer gewesen sein würde. Also | ||||||
| 15 | ist die Causalität der Ursache, durch welche etwas geschieht, selbst etwas | ||||||
| 16 | Geschehenes, welches nach dem Gesetze der Natur wiederum einen vorigen | ||||||
| 17 | Zustand und dessen Causalität, dieser aber eben so einen noch älteren | ||||||
| 18 | voraussetzt u. s. w. Wenn also alles nach bloßen Gesetzen der Natur geschieht, | ||||||
| 19 | so giebt es jederzeit nur einen subalternen, niemals aber einen | ||||||
| 20 | ersten Anfang und also überhaupt keine Vollständigkeit der Reihe auf der | ||||||
| 21 | Seite der von einander abstammenden Ursachen. Nun besteht aber eben | ||||||
| 22 | darin das Gesetz der Natur: daß ohne hinreichend a priori bestimmte Ursache | ||||||
| 23 | nichts geschehe. Also widerspricht der Satz, als wenn alle Causalität | ||||||
| 24 | nur nach Naturgesetzen möglich sei, sich selbst in seiner unbeschränkten | ||||||
| 25 | Allgemeinheit, und diese kann also nicht als die einzige angenommen | ||||||
| 26 | werden. | ||||||
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