Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 215 |
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| 01 | des Gemüths, in welchem wir uns zuerst dazu anschicken, um die | ||||||
| 02 | subjectiven Bedingungen ausfindig zu machen, unter denen wir zu Begriffen | ||||||
| 03 | gelangen können. Sie ist das Bewußtsein des Verhältnisses gegebener | ||||||
| 04 | Vorstellungen zu unseren verschiedenen Erkenntnißquellen, durch | ||||||
| 05 | welches allein ihr Verhältniß unter einander richtig bestimmt werden kann. | ||||||
| 06 | Die erste Frage vor aller weitern Behandlung unserer Vorstellung ist die: | ||||||
| 07 | in welchem Erkenntnißvermögen gehören sie zusammen? Ist es der Verstand, | ||||||
| 08 | oder sind es die Sinne, vor denen sie verknüpft oder verglichen werden? | ||||||
| 09 | Manches Urtheil wird aus Gewohnheit angenommen oder durch | ||||||
| 10 | Neigung geknüpft; weil aber keine Überlegung vorhergeht, oder wenigstens | ||||||
| 11 | kritisch darauf folgt, so gilt es für ein solches, das im Verstande seinen Ursprung | ||||||
| 12 | erhalten hat. Nicht alle Urtheile bedürfen einer Untersuchung, | ||||||
| 13 | d. i. einer Aufmerksamkeit auf die Gründe der Wahrheit; denn wenn sie | ||||||
| 14 | unmittelbar gewiß sind, z. B. zwischen zwei Punkten kann nur eine gerade | ||||||
| 15 | Linie sein, so läßt sich von ihnen kein noch näheres Merkmal der Wahrheit, | ||||||
| 16 | als das sie selbst ausdrücken, anzeigen. Aber alle Urtheile, ja alle | ||||||
| 17 | Vergleichungen bedürfen einer Überlegung, d. i. einer Unterscheidung | ||||||
| 18 | der Erkenntnißkraft, wozu die gegebenen Begriffe gehören. Die Handlung, | ||||||
| 19 | dadurch ich die Vergleichung der Vorstellungen überhaupt mit der Erkenntnißkraft | ||||||
| 20 | zusammenhalte, darin sie angestellt wird, und wodurch ich | ||||||
| 21 | unterscheide, ob sie als zum reinen Verstande oder zur sinnlichen Anschauung | ||||||
| 22 | gehörend unter einander verglichen werden, nenne ich die transscendentale | ||||||
| 23 | Überlegung. Das Verhältniß aber, in welchem die Begriffe | ||||||
| 24 | in einem Gemüthszustande zu einander gehören können, ist das der Einerleiheit | ||||||
| 25 | und Verschiedenheit, der Einstimmung und des Widerstreits, | ||||||
| 26 | des Inneren und des Äußeren, endlich des Bestimmbaren | ||||||
| 27 | und der Bestimmung (Materie und Form). Die richtige Bestimmung | ||||||
| 28 | dieses Verhältnisses beruht darauf, in welcher Erkenntnißkraft sie subjectiv | ||||||
| 29 | zu einander gehören, ob in der Sinnlichkeit oder dem Verstande. | ||||||
| 30 | Denn der Unterschied der letzteren macht einen großen Unterschied in der | ||||||
| 31 | Art, wie man sich die ersten denken solle. | ||||||
| 32 | Vor allen objectiven Urtheilen vergleichen wir die Begriffe, um auf | ||||||
| 33 | die Einerleiheit (vieler Vorstellungen unter einem Begriffe) zum Behuf | ||||||
| 34 | der allgemeinen Urtheile, oder die Verschiedenheit derselben zu Erzeugung | ||||||
| 35 | besonderer, auf die Einstimmung, daraus bejahende, und | ||||||
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