Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 191 |
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| 01 | mit allen den Dingen, welchen er als unabtrennliche Bedingung anhängt, | ||||||
| 02 | für etwas, was an sich selbst unmöglich sei, und darum auch die Dinge | ||||||
| 03 | im Raum für bloße Einbildungen erklärt. Der dogmatische Idealism ist | ||||||
| 04 | unvermeidlich, wenn man den Raum als Eigenschaft, die den Dingen an | ||||||
| 05 | sich selbst zukommen soll, ansieht; denn da ist er mit allem, dem er zur | ||||||
| 06 | Bedingung dient, ein Unding. Der Grund zu diesem Idealism aber ist | ||||||
| 07 | von uns in der transscendentalen Ästhetik gehoben. Der problematische, | ||||||
| 08 | der nichts hierüber behauptet, sondern nur das Unvermögen, ein Dasein | ||||||
| 09 | außer dem unsrigen durch unmittelbare Erfahrung zu beweisen, vorgiebt, | ||||||
| 10 | ist vernünftig und einer gründlichen philosophischen Denkungsart gemäß: | ||||||
| 11 | nämlich, bevor ein hinreichender Beweis gefunden worden, kein entscheidendes | ||||||
| 12 | Urtheil zu erlauben. Der verlangte Beweis muß also darthun, | ||||||
| 13 | daß wir von äußeren Dingen auch Erfahrung und nicht bloß Einbildung | ||||||
| 14 | haben; welches wohl nicht anders wird geschehen können, als wenn | ||||||
| 15 | man beweisen kann, daß selbst unsere innere dem Cartesius unbezweifelte | ||||||
| 16 | Erfahrung nur unter Voraussetzung äußerer Erfahrung möglich sei. | ||||||
| 17 | Lehrsatz. |
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| 18 | Das bloße, aber empirisch bestimmte Bewußtsein meines | ||||||
| 19 | eigenen Daseins beweiset das Dasein der Gegenstände im | ||||||
| 20 | Raum außer mir. | ||||||
| 21 | Beweis. |
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| 22 | Ich bin mir meines Daseins als in der Zeit bestimmt bewußt. Alle | ||||||
| 23 | Zeitbestimmung setzt etwas Beharrliches in der Wahrnehmung voraus. | ||||||
| 24 | Dieses Beharrliche aber kann nicht etwas in mir sein, weil eben mein | ||||||
| 25 | Dasein in der Zeit durch dieses Beharrliche allererst bestimmt werden kann. | ||||||
| 26 | Also ist die Wahrnehmung dieses Beharrlichen nur durch ein Ding außer | ||||||
| 27 | mir und nicht durch die bloße Vorstellung eines Dinges außer mir | ||||||
| 28 | möglich. Folglich ist die Bestimmung meines Daseins in der Zeit nur | ||||||
| 29 | durch die Existenz wirklicher Dinge, die ich außer mir wahrnehme, möglich. | ||||||
| 30 | Nun ist das Bewußtsein in der Zeit mit dem Bewußtsein der Möglichkeit | ||||||
| 31 | dieser Zeitbestimmung nothwendig verbunden: also ist es auch mit | ||||||
| 32 | der Existenz der Dinge außer mir, als Bedingung der Zeitbestimmung, | ||||||
| 33 | nothwendig verbunden; d. i. das Bewußtsein meines eigenen Daseins | ||||||
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