Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 166 |
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Text (Kant):
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| 01 | Veränderung kann daher nur an Substanzen wahrgenommen werden, | ||||||
| 02 | und das Entstehen oder Vergehen schlechthin, ohne daß es bloß eine | ||||||
| 03 | Bestimmung des Beharrlichen betreffe, kann gar keine mögliche Wahrnehmung | ||||||
| 04 | sein, weil eben dieses Beharrliche die Vorstellung von dem Übergange | ||||||
| 05 | aus einem Zustande in den andern und vom Nichtsein zum Sein | ||||||
| 06 | möglich macht, die also nur als wechselnde Bestimmungen dessen, was | ||||||
| 07 | bleibt, empirisch erkannt werden können. Nehmet an, daß etwas schlechthin | ||||||
| 08 | Anfange zu sein, so müßt ihr einen Zeitpunkt haben, in dem es nicht | ||||||
| 09 | war. Woran wollt ihr aber diesen heften, wenn nicht an demjenigen, was | ||||||
| 10 | schon da ist? Denn eine leere Zeit, die vorherginge, ist kein Gegenstand | ||||||
| 11 | der Wahrnehmung; knüpft ihr dieses Entstehen aber an Dinge, die vorher | ||||||
| 12 | waren und bis zu dem, was entsteht, fortdauren, so war das letztere | ||||||
| 13 | nur eine Bestimmung des ersteren als des Beharrlichen. Eben so ist es | ||||||
| 14 | auch mit dem Vergehen: denn dieses setzt die empirische Vorstellung einer | ||||||
| 15 | Zeit voraus, da eine Erscheinung nicht mehr ist. | ||||||
| 16 | Substanzen (in der Erscheinung) sind die Substrate aller Zeitbestimmungen. | ||||||
| 17 | Das Entstehen einiger und das Vergehen anderer derselben | ||||||
| 18 | würde selbst die einzige Bedingung der empirischen Einheit der Zeit aufheben, | ||||||
| 19 | und die Erscheinungen würden sich alsdann auf zweierlei Zeiten | ||||||
| 20 | beziehen, in denen neben einander das Dasein verflösse, welches ungereimt | ||||||
| 21 | ist. Denn es ist nur Eine Zeit, in welcher alle verschiedene Zeiten nicht | ||||||
| 22 | zugleich, sondern nach einander gesetzt werden müssen. | ||||||
| 23 | So ist demnach die Beharrlichkeit eine nothwendige Bedingung, unter | ||||||
| 24 | welcher allein Erscheinungen als Dinge oder Gegenstände in einer möglichen | ||||||
| 25 | Erfahrung bestimmbar sind. Was aber das empirische Kriterium | ||||||
| 26 | dieser nothwendigen Beharrlichkeit und mit ihr der Substantialität der | ||||||
| 27 | Erscheinungen sei, davon wird uns die Folge Gelegenheit geben das Nöthige | ||||||
| 28 | anzumerken. | ||||||
| 29 | B. |
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| 30 | Zweite Analogie. |
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| 31 | Grundsatz der Zeitfolge nach dem Gesetze der Causalität. |
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| 32 | Alle Veränderungen geschehen nach dem Gesetze der Verknüpfung | ||||||
| 33 | der Ursache und Wirkung. | ||||||
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