Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 088 |
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| 01 | (obzwar freilich nicht in der bloß auf den Gebrauch der Urtheile | ||||||
| 02 | untereinander eingeschränkten Logik) eine besondere Stelle. | ||||||
| 03 | 2. Eben so müssen in einer transscendentalen Logik unendliche Urtheile | ||||||
| 04 | von bejahenden noch unterschieden werden, wenn sie gleich in | ||||||
| 05 | der allgemeinen Logik jenen mit Recht beigezählt sind und kein besonderes | ||||||
| 06 | Glied der Eintheilung ausmachen. Diese nämlich abstrahirt von allem | ||||||
| 07 | Inhalt des Prädicats (ob es gleich verneinend ist) und sieht nur darauf, | ||||||
| 08 | ob dasselbe dem Subject beigelegt, oder ihm entgegengesetzt werde. Jene | ||||||
| 09 | aber betrachtet das Urtheil auch nach dem Werthe oder Inhalt dieser | ||||||
| 10 | logischen Bejahung vermittelst eines bloß verneinenden Prädicats, und | ||||||
| 11 | was diese in Ansehung des gesammten Erkenntnisses für einen Gewinn | ||||||
| 12 | verschafft. Hätte ich von der Seele gesagt, sie ist nicht sterblich, so hätte ich | ||||||
| 13 | durch ein verneinendes Urtheil wenigstens einen Irrthum abgehalten. | ||||||
| 14 | Nun habe ich durch den Satz: die Seele ist nichtsterblich, zwar der logischen | ||||||
| 15 | Form nach wirklich bejaht, indem ich die Seele in den unbeschränkten Umfang | ||||||
| 16 | der nichtsterbenden Wesen setze. Weil nun von dem ganzen Umfange | ||||||
| 17 | möglicher Wesen das Sterbliche einen Theil enthält, das Nichtsterbliche | ||||||
| 18 | aber den andern, so ist durch meinen Satz nichts anders gesagt, als daß | ||||||
| 19 | die Seele eines von der unendlichen Menge Dinge sei, die übrig bleiben, | ||||||
| 20 | wenn ich das Sterbliche insgesammt wegnehme. Dadurch aber wird nur | ||||||
| 21 | die unendliche Sphäre alles Möglichen in so weit beschränkt, daß das | ||||||
| 22 | Sterbliche davon abgetrennt und in dem übrigen Raum ihres Umfangs | ||||||
| 23 | die Seele gesetzt wird. Dieser Raum bleibt aber bei dieser Ausnahme | ||||||
| 24 | noch immer unendlich, und können noch mehrere Theile desselben weggenommen | ||||||
| 25 | werden, ohne daß darum der Begriff von der Seele im mindesten | ||||||
| 26 | wächst und bejahend bestimmt wird. Diese unendliche Urtheile also in Ansehung | ||||||
| 27 | des logischen Umfanges sind wirklich bloß beschränkend in Ansehung | ||||||
| 28 | des Inhalts der Erkenntniß überhaupt, und in so fern müssen sie | ||||||
| 29 | in der transscendentalen Tafel aller Momente des Denkens in den Urtheilen | ||||||
| 30 | nicht übergangen werden, weil die hierbei ausgeübte Function | ||||||
| 31 | des Verstandes vielleicht in dem Felde seiner reinen Erkenntniß a priori | ||||||
| 32 | wichtig sein kann. | ||||||
| 33 | 3. Alle Verhältnisse des Denkens in Urtheilen sind die a) des Prädicats | ||||||
| 34 | zum Subject, b) des Grundes zur Folge, c) der eingetheilten Erkenntniß | ||||||
| 35 | und der gesammleten Glieder der Eintheilung unter einander. | ||||||
| 36 | In der ersteren Art der Urtheile sind nur zwei Begriffe, in der zweiten | ||||||
| 37 | zwei Urtheile, in der dritten mehrere Urtheile im Verhältniß gegen einander | ||||||
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