Kant: AA II, Versuch den Begriff der ... , Seite 195

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Folge Nichts = 0 ist, außer in so fern der Grund gesetzt ist, so enthält      
  02 die Summe der Position in der Folge nicht mehr, als in dem Zustande      
  03 der Welt enthalten war, in so fern sie den Grund dazu enthielte. Es enthielt      
  04 aber dieser Zustand von derjenigen Position, die in der Folge ist,      
  05 das Zero, das heißt, in dem vorigen Zustande war die Position nicht, die      
  06 in der Folge anzutreffen ist, folglich kann die Veränderung, die daraus      
  07 fließt, im Ganzen der Welt nach ihren wirklichen oder potentialen Folgen      
  08 auch nicht anders als dem Zero gleich sein. Da nun einerseits die Folge      
  09 positiv und = A ist, gleichwohl aber der ganze Zustand des Universum      
  10 wie vorher in Ansehung der Veränderung A soll Zero = 0 sein, dieses      
  11 aber unmöglich ist, außer in so fern A-A zusammenzunehmen ist, so      
  12 fließt: daß niemals eine positive Veränderung natürlicher Weise in der      
  13 Welt geschehe, deren Folge nicht im Ganzen in einer wirklichen oder      
  14 potentialen Entgegensetzung, die sich aufhebt, bestehe. Diese Summe giebt      
  15 aber Zero = 0, und vor der Veränderung war sie ebenfalls = 0, so daß      
  16 sie dadurch weder vermehrt noch vermindert worden.      
           
  17 In dem zweiten Fall, da die Veränderung in dem Aufheben von      
  18 etwas Positivem besteht, ist die Folge = 0. Es war aber der Zustand      
  19 des gesammten Grundes nach der vorigen Nummer nicht bloß = A, sondern      
  20 A-A=0 . Also ist nach der Art zu schätzen, die ich hier voraus      
  21 setze, die Position in der Welt weder vermehrt noch vermindert worden.      
           
  22 Ich will diesen Satz, der mir wichtig zu sein scheint, zu erläutern      
  23 suchen. In den Veränderungen der Körperwelt steht er als eine schon      
  24 längst bewiesene mechanische Regel fest. Sie wird so ausgedrückt: Quantitas      
  25 motus, summando vires corporum in easdem partes et subtrahendo      
  26 eas quae vergunt in contrarias, per mutuam illorum actionem (conflictum,      
  27 pressionem, attractionem) non mutatur. Aber ob man diese      
  28 Regel gleich nicht in der reinen Mechanik unmittelbar aus dem metaphysischen      
  29 Grunde herleitet, woraus wir den allgemeinen Satz abgeleitet      
  30 haben, so beruht seine Richtigkeit doch in der That auf diesem Grunde.      
  31 Denn das Gesetz der Trägheit, welches in dem gewöhnlichen Beweise die      
  32 Grundlage ausmacht, entlehnt seine Wahrheit blos von dem angeführten      
  33 Beweisgrunde, wie ich leicht zeigen könnte, wenn ich weitläuftig sein dürfte.      
           
           
     

[ Seite 194 ] [ Seite 196 ] [ Inhaltsverzeichnis ]