Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 071 |
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| 01 | unter die unelastischen Körper, ohne jenen Eintrag zu thun, eben so | ||||||
| 02 | wohl diejenige zählen kann, die in dem Stoße ihre Figur nicht ändern, | ||||||
| 03 | als die, welche eine Zusammendrückung ihrer Theile erdulden. Hat | ||||||
| 04 | man nun in der Construction dieser Gesetze gar nicht auf diese Eindrückung | ||||||
| 05 | Acht gehabt, um die Regeln der Bewegung derselben gemäß | ||||||
| 06 | einzurichten, oder auch nicht einmal solche Begriffe zum Grunde gelegt, | ||||||
| 07 | welche diese Eindrückung mit einschließen: so ist es ja sehr seltsam, auf | ||||||
| 08 | diese die Schuld davon zu schieben, daß gedachte Gesetze so beschaffen sind, | ||||||
| 09 | wie sie wirklich sind. | ||||||
| 10 | § 63. |
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| 11 | Wir haben gesagt, daß in der Betrachtung, welche | Zweite Antwort: | |||||
| 12 | uns die Mathematik von der Bewegung unelastischer | Weil | |||||
| 13 | Körper darbietet, man diese auch als vollkommen hart | man einen | |||||
| 14 | ansehen könne, als wenn ihre Theile durch den Stoß nicht | Körper unelastisch | |||||
| 15 | eingedrückt würden. Die Natur bietet uns auch Exempel | nennen | |||||
| 16 | dar, daß nicht eben derjenige Körper allemal unelastischer | kann, wenn er | |||||
| 17 | sei, dessen Theile mehr weichen, als die Theile eines | gleich vollkommen | |||||
| 18 | andern, sondern daß öfters ein Körper, dessen Theile durch den Sto | hart ist. | |||||
| 19 | in Vergleichung gegen einen andern fast gar nicht eingedrückt werden, | ||||||
| 20 | doch weniger elastisch sei, als ein anderer, dessen Theile leichter weichen. | ||||||
| 21 | denn man lasse eine hölzerne Kugel auf das Pflaster niederfallen, | ||||||
| 22 | sie wird bei weiten nicht so hoch zurück springen, als eine ausgestopfte, die | ||||||
| 23 | doch sehr leicht eingedrückt werden kann, und gegen welche zu rechnen, | ||||||
| 24 | jene ungemein hart genannt werden kann. Hieraus sehen wir: da | ||||||
| 25 | der Körper sogar in der Natur nicht deswegen unelastisch sei, weil | ||||||
| 26 | seine Theile eingedrückt werden, sondern nur deswegen, weil sie sich | ||||||
| 27 | nicht mit eben dem Grade Kraft wieder herstellen, mit welchem sie eingedrückt | ||||||
| 28 | worden. Also können wir auch Körper setzen, deren Theile | ||||||
| 29 | in dem Stoße unendlich wenig weichen, die aber zugleich so beschaffen | ||||||
| 30 | sind, daß sie sich auch von dieser unendlich kleinen Zusammendrückung | ||||||
| 31 | nicht wiederherstellen, oder, wo sie es thun, doch nur lange nicht mit | ||||||
| 32 | dem Grade der Geschwindigkeit, womit sie eingedrückt worden; wie | ||||||
| 33 | etwa eine hölzerne Kugel thun würde, wenn man kleine Dinge mit | ||||||
| 34 | großen vergleichen darf. Dergleichen Körper, von denen ich rede, | ||||||
| 35 | würden vollkommen hart,*) aber doch unelastisch sein. Man würde sie | ||||||
| *) Denn ein Körper, der nur unendlich wenig sich eindrücken läßt, kann ohne einen Irrthum vollkommen hart genannt werden. | |||||||
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