Kant: Briefwechsel, Amtl. Schriftverkehr 7, An [Siegmund August] von Berrenhäuer. (Entwurf)

     
           
 

 

 

 

 

 
  An [Siegmund August] von Berrenhäuer.      
  (Entwurf)      
           
  [15. Mai 1786.]      
           
  Hochwohlgebohrner      
  hochgebietender Herr Obrister und      
  Chef eines Regiments      
  hochstzuehrender Herr.      
           
  Beyliegendes Examinationsattest zeigt das an Ew: Hochwohlgeb      
  ergehende ergebenste Ansuchen unserer Vniuersitaet an, dem Johann      
  Albert Gutowski den verweigerten Erlaubnisschein geneigtest zu ertheilen      
  - Zugleich erbitten wir uns, um fernere Weiterungen in dergleichen      
           
  Fällen zu verhüten, von Ew: Hoch Wohlgeb Gewogenheit dasjenige regulative      
  Princip zu erkennen zu geben, nach welchem Dieselbe die Ertheilung,      
  oder Verweigerung eines Erlaubnisscheins, an einen mit einem      
  gültigen Examinationsschein versehenen, bey Dero Regiment Enrollirten,      
  zu beurtheilen gesinnet sind. Die beyde Königl: Cabinetsordren geben      
  erstlich den Grund, warum der Erlaubnisschein bey den Regimentern      
  zu suchen sey, deutlich an, nämlich damit die Regimentsrollen richtig      
  angefertigt werden können: zweytens auch die Obliegenheit der Vniuersitaet,      
  damit nicht Leute, die zu anderen Ständen tauglicher wären,      
  sich zu sehr zum Studieren drängen, durch die Schärfe des Examinis die      
  Menge derselben einzuschränken; doch so, daß dem Staate diejenige geschickte      
  Subiecte nicht entzogen würden, die zu Besetzung aller Stellen im      
  Lande, wozu Studierte erfodert werden, nöthig sind. Die Academie kan      
  nicht anders denken, als daß die Beurtheilung dieser Geschicklichkeit und      
  zwar respective auf die mancherley Ämter, davon einige mehr, die andern      
  weniger derselben erfodern und selbst durch die oft sehr mäßige Besoldung      
  zum Studieren anreitzen können, ihr allein zukomme und ist      
  zugleich darüber verantwortlich, wenn es, durch Vernachläßigung ihrer      
  Pflicht, nöthigen Falls darüber Vorstellungen zu thun, sich eräugnete,      
  daß es zu Besetzung der mancherley Stellen im Lande an Subiectis      
  mangeln sollte, ein Fall, der nicht blos möglich, sondern jetzt so gar      
  sehr besorglich ist, wie wir aus der gringen und kaum über die Hälfte      
  der gewohnlichen steigenden Zahl der im vorigen halben Iahre bey      
  der Vniuersitaet angenommenen ersehen, wovon wir nicht entscheiden      
  mögen: ob nicht die Ursache in der Unsicherheit zu suchen sey, darinn      
  die Eltern versetzt werden, wenn sie ihren zum Studieren sonst nicht      
  untauglichen Sohn die volle Schuljahre haben aushalten lassen, ob      
  dieser, wenn gleich zur Academie tuchtig, dennoch derselben nicht entrissen      
  werden dürfte und also die Schulzeit, binnen der er irgend eine      
  andere nützliche Handtierung erlernt haben könnte, sammt den Kosten      
  unnütz, ja für ihn verderblich verschwendet seyn möchten.      
           
  Wir hoffen daß Ew: Hochwohlgeb: diese unsere Vorstellung, welche      
  die Amtspflicht von uns fodert, nicht übel ausdeuten, hierinn gleiche      
  Geneigtheit gegen unsere Vniuersitaet in Beziehung auf das gemeine      
  Beste, wie wir sie bisher von den übrigen hohen Chefs der Regimenter      
  erfahren haben, beweisen, dadurch aber uns auch der sonst unvermeidlichen      
  Nothwendigkeit, nochmals bey Sr. Königl. Maj. um Erläuterung      
           
  Dero allerhöchsten Willensmeynung anzuhalten, überheben werden und      
  sind mit der vollkommensten Hochachtung      
           
    Ew. Hochwohlgeb      
    und hochgebietenden Herren Obristen etc.      
    gantz ergebenste      
    Rektor und Senat der Königl:      
    Universität zu Königsberg      
    I. Kant      
    Acad. h. t. Rector      
           
           
           
     

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