Kant: Briefwechsel, Brief 729, An [Carl August von Struensee]. (Entwurf.)

     
           
 

 

 

 

 

 
  An [Carl August von Struensee].      
  (Entwurf.)      
           
  13. Dec. 1796.      
           
  Einen Augenblick von Ihren großen Geschäften zu rauben      
  wäre es auch nur zu Bezeigung meiner Verehrung und dem für den      
           
  jetzigen Oberstadtinspector zum wahren Vortheil der Stadt bewirkten      
  Anstellung desselben auf meine gringe Vorstellung schuldigen Dank      
  abzustatten kann schon Tadel verdienen. Noch mehr aber der Anschein      
  der Zudringlichkeit und eines Dünkels bey Ewr Excellenz durch      
  meine Fürbitte etwas zu vermögen indem ich aufs neue eine Fürbitte      
  für einen mir bekannten Mann in Berlin einzulegen wage Der      
  Prof. K[iesewetter] welcher als Instructor der beyden Königl: Prinzen,      
  da seine Lage durch die zu Anfange des künftigen Iahres erfolgende      
  Vermählung der Prinzessin Augusta mit dem Erbprinzen von Hessen      
  Cassel sehr verändert werden wird indem das Gehalt welches er für ihren      
  Unterricht bekommt für die nothwendigste Bedürfnisse nicht zureicht      
  beurtheilt es ganz richtig daß durch fürstliche Empfehlungen - die      
  ihm sonst nicht entgehen dürften - angegangen zu werden einem      
  hohen Staatsbeamten der auf die Tüchtigkeit seiner Leute vorzüglich      
  Rüksicht nimt unangenehm fallen er also dem Gesuch gerne willfahren      
  müsse ist auf den Entschlus gefallen mich -, den er in einem etwa      
  zweyjährigen Aufenthalt in Königsberg durch öfteren Umgang hat      
  kennen lernen der auch ihn hinreichend kennen müsse um eine Empfehlung      
  an Ewr Excellenz zu einer solchen Anstellung zu ersuchen da      
  er in seinem litterärischen Fache bey dem Mangel hinreichender Erhaltungsmittel      
  und der entferneten Aussicht zur Versorgung sein Fortkommen      
  nicht wohl hoffen könne. - Den Gang der Geschäfte, gesteht      
  er, freylich allererst lernen zu müssen ehe er eine Stelle bey diesem      
  Departement bekommen kann nur glaubt er die nöthige Kenntnisse durch      
  unermüdeten Fleis leicht erwerben zu können.      
           
  Was meine Kenntnis dieses Imploranten betrifft so bezeuge mit      
  Aufrichtigkeit daß ich ihm sowohl die Talente als auch den thätigen      
  Willen zu den Geschäften zu denen er sich zu unterziehen Vorhabens      
  ist zutraue für mich aber muß ich desto mehr um Vergebung bitten      
  einen Antrag vor Ewr. Excellenz gebracht zu haben der für meine      
  Gringfügigkeit mir anmaslicher zu seyn scheint als daß ich fernerhin      
  dergleichen Vermittelung zu unternehmen mich unterstehen sollte.      
           
  Mit der tiefsten Verehrung verbleibe jederzeit      
           
  unterthäniger      
           
           
           
           
     

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