Kant: Briefwechsel, Brief 688, Von Iohann Benjamin Erhard. |
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Von Iohann Benjamin Erhard. | |||||||
Nürnberg d. 15 9br. 1795. | |||||||
P. P. | |||||||
HE. Hofrath Arend, der nun bey mir wohnt, schreibt an HE. | |||||||
Policey Director Hippel und ich ergreife diese Gelegenheit, sowohl in | |||||||
meinem als in HE. Hofraths Nahmen auch an Sie zu schreiben. HE. | |||||||
Arend läßt Sie aufs beste grüßen, will Sie aber um keine Zeit mit | |||||||
seiner Correspondenz bringen*, und ich will Ihnen nur kurz einiges | |||||||
sagen, das ich wünsche, daß Sie wissen sollen. | |||||||
Ich weiß nicht ob Ihnen etwas von der fatalen Geschichte die ich | |||||||
1794 im Ienner zu bestehen hatte kund geworden ist, wenn nicht, so | |||||||
ist die Sache kurz; daß ich ganz jämmerlich betrogen worden bin; und | |||||||
wenn Sie etwas davon wissen, so kann ich Ihnen nun sagen daß die | |||||||
Zeit, die ich nebst einem guten Gewissen, für den einzigen ersprieslichen | |||||||
Trostgrund halte, den es für die Menschen giebt, mir meine | |||||||
Ruhe völlig wieder gegeben hat. | |||||||
Geschrieben habe ich derzeit so manches, daß Sie aber nicht | |||||||
anders interessiren kann, als in so ferne Sie daraus sehen können, | |||||||
daß ich in der Philosophie vorwärts zu gehen suche. Ich lasse die | |||||||
Herrn nach den letzten Princip suchen so lange sie wollen und sich in | |||||||
den Nahmen erschöpfen, die sie ihm geben, es können doch nicht mehr | |||||||
seyn als Synonimen der Einheit der Apperception, und des Bewußtseyns | |||||||
der Autonomie. Ich für meinen Theil gehe Vorwärts, und finde | |||||||
darinn erst die Bestättigung der sichern Wahrheit meiner Principien, | |||||||
die ich mit Ihnen, wie sicher jeder Mensch, der nicht das Unglück | |||||||
hatte, als Professor, erkünstelte bereits vorgetragen zu haben, gemein | |||||||
habe. Ihr ewiger Friede hat mir unendliche Freude gemacht, als ich | |||||||
ihm laß, aber manchen Verdruß als ich ihn von andern beurtheilen | |||||||
hörte, denn es gab gar Menschen, die ihn mit den Friedensproject | |||||||
des S. Pierre ins Gleiche setzen konnten. Von einer andern Seite ist | |||||||
es aber ganz gut, daß es so geht, denn Wahrheit und Recht, behaupten | |||||||
sich vorjezt nur durch Mißverstand und Eigennutz in der | |||||||
Welt, man duldet die Wahrheit, weil man sie für ein Phantom hält, | |||||||
und das Recht, weil man es für Gewinnsucht ansieht. Aber es wird | |||||||
noch anders werden und diese Aussicht, die mir immer heller wird, | |||||||
ist mein Trost und meine Freude. | |||||||
Unter dem was ich geschrieben wünschte ich vorzüglich ihr Urtheil | |||||||
über meine Recension der Fichtischen Beyträge in Niethammers philos. | |||||||
Iournal. Leben Sie wohl ich bin mit gleicher Liebe als Hochachtung | |||||||
Ihr | |||||||
ergebendster | |||||||
I. B. Erhard. | |||||||
N. S. Ich habe nun 3 Iungen. Wenn Sie keinen so gar bekannt | |||||||
und berühmten Nahmen hätten, so würde ich Sie schon zu Gevatter | |||||||
gebetten haben. | |||||||
[Von Christian Gottlieb Arndt.] | |||||||
* Das ist rein wahr. Doch nutze ich diese Gelegenheit, Ihnen für | |||||||
das viele Vergnügen zu danken, daß ich in IHrem so angenehmen als | |||||||
lehrreichen Umgange genoßen habe. Denn, was das utile dulce Ihrer | |||||||
Schriften anlangt, da greift ein jeder zu ohne zu fragen, und dankt | |||||||
bey sich. Leben Sie wohl, Verehrungswürdigster Mann, und behalten | |||||||
in geneigtem Andenken Ihren treu ergebnen Freund und | |||||||
Diener A. | |||||||
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