Kant: Briefwechsel, Brief 626, 626. < XIII, 360, 4 u. 365, 28 - 366, 4 u. 34 u. 369, 18 > Von Buschendorf. |
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| 626. < XIII, 360, 4 u. 365, 28 - 366, 4 u. 34 u. 369, 18 > | |||||||
| Von Buschendorf. | |||||||
| 24. Mai 1794. | |||||||
| Wolgeborner Herr! | |||||||
| Höchstzuverehrender Herr Professor, | |||||||
| Das Empfindlichste in Ihrem Schreiben ist für mich die geäusserte | |||||||
| Unzufriedenheit mit mir, von der ich sehr bedaure daß ich Veranlassung | |||||||
| dazu gegeben habe. Die mißlungene Verbindung, auf die ich als | |||||||
| Etwas noch Ungewisses auch noch nicht bauete beunruhigt mich weit | |||||||
| weniger, und ich weis mich deshalb zu trösten. | |||||||
| Wenn man einmal dadurch daß man gar keine festen und sichern | |||||||
| Bedingungen machte in solche unangenehme Verlegenheit gekommen ist | |||||||
| wie ich, dann ist man wol für die Zukunft vorsichtig. Ich war es vielleicht | |||||||
| zu sehr da, wo es nicht nöthig war. Ich Rüksicht Mitau's überlie | |||||||
| ich ia dem Hrn. Prof. Schwenkner, der Kentnis des Personals haben | |||||||
| muste ganz was er verhandeln wolte. Ich legt' ihm blos meine | |||||||
| Wünsche vor, deren eine Teil durch die gemachte Bemerkung daß man | |||||||
| sich's nicht übel nimt den Hofmeister als einen Halbbedienten in den | |||||||
| schlechtesten Winkel des Hauses zu stekken, vielleicht gerechtfertigt werden | |||||||
| könte. Die Reise nach Danzig oder Pommern die auf's höchste 8 Tage | |||||||
| wegnahm konte ia dem Hrn. Kot. B. keine Bedenklichkeit machen; | |||||||
| und die Reise zu Wasser war ia weniger kostspielig und also zu seinem | |||||||
| Vorteil. Ich habe ia für diese Reise kein Geld verlangt. | |||||||
| Daß der Ton meines Briefes an den Hrn Pr. S. nach Ew. | |||||||
| Wolgebr. Bemerkung etwas bänglich war mochte sehr natürlich sein, | |||||||
| da ich vorher wegen der mislungenen Königsberger Geschichte einen | |||||||
| starken Zwist mit meinem bisherigen Prinzipal, der da glaubt, ich sei | |||||||
| vorher mit seinem Hause nicht zufrieden gewesen, und diesen Glauben | |||||||
| nachdem ihm die Empfindlichkeit anwandelt auf eine unangenehme Art | |||||||
| äusert, gehabt, und aus Alterazion mehrere Tage zu Bette gelegen | |||||||
| hatte. Meine Nerven sind sehr reizbar, und dafür kan ich nicht. | |||||||
| Malerei und Dichtung schikt' ich blos als Proben einer Nebensache, | |||||||
| die, wie ich gefunden habe, nur zu oft zur Hauptsache gemacht wird. | |||||||
| Als solider Gelehrter hab' ich hier nicht die geringste Achtung gefunden, | |||||||
| wol aber als Pinsler und Versmacher. Desto besser für mich, wenn | |||||||
| ich in Mitau in der ersten Qualität Geltung gefunden hätte. | |||||||
| Und, Herr Professor ist mir's zu verdenken wenn ich mich so viel | |||||||
| als möglich auf ieden Fal in Sicherheit zu sezzen suche? - Nicht zu | |||||||
| erwähnen daß mich zu grosses Zutrauen, wie ich schon bemerkt habe, | |||||||
| mehrmals in sehr mißliche Lagen brachte. Wenn man nun in weiter | |||||||
| Entfernung ein Haus trift wo ein Man von Ehr' und veredeltem | |||||||
| Gefül schlechterdings nicht bleiben kan: dan reiset man, ohne Geld | |||||||
| nach seinem weitabliegenden Vaterlande zurük, oder überläßt sich den | |||||||
| Wellen des Schiksals? | |||||||
| Ich hab' es vermutet daß mir die Königsberger Begebenheit | |||||||
| Schaden tun würde. Ich wolte - deuten sie das, würdiger Man, | |||||||
| was ich iezt sage, ia nicht falsch, denn ich erkenn' Ihre gütevolle Vorsorge | |||||||
| für mich noch mit eben der Gerührtheit und Dankbarkeit als | |||||||
| zuvor - daß sie nicht vorgekommen wäre, und hätt' ich die Kentnis | |||||||
| der Verhältnisse gehabt die ich nun habe, ich hätte den Antrag abgelehnt. | |||||||
| Die Aeusserungen von Examinirung und Probestehen auf ein | |||||||
| halbes Iahr, zusammengehalten mit den Nachrichten des Hrn. S-. | |||||||
| der von selbst abging, konten mir die Lust zur Verbindung schon in | |||||||
| Etwas benehmen, und schwerlich würd' ich's den Wahrscheinlichkeitsregeln | |||||||
| nach lang ausgehalten haben. Ich hab' im Grunde weniger | |||||||
| verlangt als mir geboten ward, wenn es anders mit der Pension | |||||||
| Ernst war. Die Reise nach Sachsen mußte ia nicht bewilligt werden | |||||||
| wenn man nicht wolte; und das Reisegeld wolt ich auch am Salar | |||||||
| kürzen lassen. Auch hab' ich sie nach reifer Überlegung ganz aufgegeben. | |||||||
| Nun bleibt mir freilich Nichts übrig als mit Ende dieses Monats | |||||||
| gänzlich nach Sachsen zurükzugehen. Es macht mich sehr unglüklich | |||||||
| das Bewustsein Ihres Zornes mitnehmen zu müssen. Wolten Sie mich | |||||||
| dessen bevor ich abreise noch entledigen, so würd' es mir eine grosse | |||||||
| Freude sein. Den gehabten Kostenaufwand bin ich schuldig zu ersezzen; | |||||||
| auch bin ich nicht der Mann der sich dessen weigern wird, ich bitte nur | |||||||
| den Betrag mit der nächsten Post gütigst zu bemerken. Ihre mir so | |||||||
| unendlich schätzbare Güt' und wolwollende Mühe kan ich nicht bezalen, | |||||||
| und ich muß so lange ich lebe ein erkentlicher und dankbarer Schuldner | |||||||
| bleiben. | |||||||
| Noch bitt' ich recht sehr um gütige Verzeihung der verursachten | |||||||
| Beschwernis und des Misvergnügens das Ihnen entstehen muste als | |||||||
| Ihre Mühe durch meine Schuld und Nichtschuld fruchtlos war. Wol | |||||||
| wünscht' ich auch daß der Hr. Prof. Schwenkner gelegentlich meiner | |||||||
| warmen Dankbarkeit für Seine gütige Mühwaltung Kundschaft erhielte. | |||||||
| Erlauben Sie mir noch, mich zu unterschreiben | |||||||
| Ew. Wolgeborn | |||||||
| hochachtungsvolsten und ergebensten | |||||||
| Münsterberg, | Diener | ||||||
| 24 Mai, 1794. | Buschendorf. | ||||||
| [ abgedruckt in : AA XI, Seite 501 ] [ Brief 625a ] [ Brief 627 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |
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