Kant: Briefwechsel, Brief 478, Von Fräulein Maria von Herbert.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Fräulein Maria von Herbert.      
           
  [August 1791.]      
           
  Großer Kant.      
  Zu dir rufe ich wie ein gläubiger zu seinen Gott um Hilf, um      
  Trost, oder um Bescheid zum Tod, hinlänglich waren mir deine Gründe      
  in deinen Werken vor das künftige seyn, daher meine Zuflucht zu dir,      
  nur vor dieses leben fand ich nichts, gar nichts, was mir mein verlohrnes      
  Gut ersezen könnt, den ich liebte einen gegenstand der in      
  meiner Anschauung alles in sich faste, so das ich nur vor ihn lebte er      
  war mir ein gegensaz vor das übrüge, dan alles andere schien mir      
  ein Tand und alle Menschen waren vor mich wie auch wirklich wie      
  ein gwasch ohne inhalt, nun diesen gegenstand hab ich durch eine langwirige      
  lug beleidigt, die ich ihn jezt entekte, doch war vür mein karakter      
  nichts nachteihliges darin enthalten, dan ich habe kein laster in meinen      
  leben zu verschweigen gehabt, doch die lug allein war ihn genug, und seine      
  liebe verschwand, er ist ein Ehrlicher Mann, darum versagt er mir      
  nicht Freindschaft und treu, aber dasjenige innige gefühl welches uns      
  ungerufen zu einander fürte ist nicht mehr, o mein Herz springt in      
  Tausend stük, wen ich nicht schon so viel von ihnen gelesen hätte, so      
  häte ich mein leben gewis schon mit gewalt geändet, so aber haltet      
  mich der schlus zurük den ich aus ihrer Tehorie ziehen muste, das ich      
  nicht sterben soll, wegen meinen quelenden leben, sondern ich solt leben      
  wegen meinen daseyn, nun sezen sie sich in meine lag und geben sie      
  mir trost oder verdamung, metaphisik der Sitten hab ich gelesen samt      
  den Kategorischen inperatif, hilft mir nichts, meine vernunft verlast      
           
  mich wo ich sie am besten brauch eine antwort ich beschwöre dich, oder      
  du kanst nach deinen aufgeseten imperatif selbst nicht handln      
           
  Die adres an mich ist Maria Herbert in Kärtn a Klagenfurt      
  bei der Bleiweis Fabriek abzugeben wen sie es lieber den Reinhold      
  [einschicken] wolten weil die bosten da doch [sicherer?] sind      
           
           
           
     

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