Kant: Briefwechsel, Brief 469, An Iacob Sigismund Beck. |
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An Iacob Sigismund Beck. | |||||||
9. Mai 1791. | |||||||
Hochedelgebohrner Herr Magister | |||||||
Sehr werthgeschätzter Freund | |||||||
Die Nachricht, die Sie mir von dem Antritt Ihrer neuen Laufbahn, | |||||||
nämlich der eines academischen Lehrers, geben, ist mir, zusammt | |||||||
dem Geschenk Ihrer, die dazu erforderliche große Geschicklichkeit hinreichend | |||||||
beweisenden Dissertation, sehr angenehm gewesen: Zugleich | |||||||
aber hat sie mich auch an eine Unterlassungssünde erinnert, die, wie | |||||||
ich hoffe doch wieder gut gemacht werden kan. | |||||||
Ich hatte Sie nämlich, als Sie das erstemal in Halle waren, an | |||||||
den Canzler Hrn. v. Hoffmann, mit welchem ich zufälliger Weise in | |||||||
Correspondenz kam, nach Möglichkeit empfohlen; erfuhr aber nachher, | |||||||
daß Sie Ihr damaliges Vorhaben der Promotion noch aufgeschoben | |||||||
hätten und nach Preussen auf ein Iahr zurük gegangen wären. Als | |||||||
ich nachdem hörete, daß Sie sich zum zweyten Maale in Halle befänden, | |||||||
so schrieb ich abermal an den Herren v. Hoffmann, um, was | |||||||
in seinem Vermögen wäre, zur Beförderung ihres academischen Fortkommens | |||||||
beyzutragen. Dieser hochschätzungs=würdige Mann schrieb | |||||||
mir darauf: "Hrn Mag. Beck habe ich kennen lernen, als ich | |||||||
von meiner Schweitzerreise zurückkam; Ihm nützlich zu seyn, | |||||||
soll mir Wonne werden" Er setzte hinzu: daß, ob er zwar seine | |||||||
wiederholentlich gebetene Dimission von der Canzlerstelle erhalten und | |||||||
sein Wort also, weder bey der Universität Halle (von der Er sagt, | |||||||
daß das Interesse derselben Ihm jederzeit ins Herz geprägt bleibe und | |||||||
Er stets bemüht seyn werde, ihr nützlich zu seyn) noch beym Oberschulcollegio | |||||||
viel Nachdruck haben könne, er sich doch für einen verdienten | |||||||
Mann verwenden wolle. | |||||||
Nun wäre es nothwendig gewesen Ihnen hievon Nachricht zu | |||||||
geben, damit Sie gelegentlich selbst an Hrn v. Hoffmann (geheimen | |||||||
Rath) schreiben und etwas, was Ihnen nützlich seyn könnte, vorschlagen | |||||||
möchten. Allein, gleich als ob ich voraussetzte, daß sie das | |||||||
von selbst thun würden, oder ob ich mir es vorsetzte Ihnen jenes zu | |||||||
melden und es hernach vergessen habe, so habe ich es Ihnen zu | |||||||
melden unterlassen. | |||||||
Meine Meynung war nehmlich: daß, da die Subsistenz, die auf | |||||||
bloßer Lesung von Collegien beruht, immer sehr mislich ist, Sie gleich | |||||||
anderen Lehrern Ihres Orts eine Stelle beym Pädagogio und was | |||||||
dem Ähnlich ist suchen möchten die Ihnen Ihre Bedürfnis sicher verschaffte, | |||||||
wozu die Verwendung des Hrn. Geheimen Rath v. Hoffmann | |||||||
wohl beytragen könnte. - Ist es nun dieses, oder etwas Anderes | |||||||
dem Ähnliches, dazu dieser würdige Mann Ihnen behülflich werden. | |||||||
kan, so wenden Sie sich getrost an Ihn, indem Sie sich auf mich berufen. | |||||||
Aus den Ihrer Dissertation angehängten thesibus sehe ich, da | |||||||
Sie meine Begriffe weit richtiger aufgefasst haben, als viele andere, | |||||||
die mir sonst Beyfall geben. Vermuthlich würde bey der Bestimmtheit | |||||||
und Klarheit, die Sie als Mathematiker auch im Metaphysischen Felde | |||||||
ihrem Vortrage geben können, die Critik Ihnen Stoff zu einem Collegio | |||||||
geben, welches zahlreicher besucht würde, als es gemeiniglich mit den | |||||||
mathematischen, leider! zu geschehen pflegt. - Hrn Prof: Iacob bitte | |||||||
meine Empfehlung zu machen, mit Abstattung meines Danks für | |||||||
Seine mir im vorigen Iahr zugeschickte Preisschrift. Den damit verbundenen | |||||||
Brief habe, leider! noch nicht beantwortet. Ich hoffe es | |||||||
nächstens zu thun und bitte, der wackere junge Mann wolle hierinn | |||||||
dem 68sten Lebensjahre, als in welches ich im vorigen Monat getreten | |||||||
bin, etwas nachsehen. Kürzlich vernahm ich von Hrn. D. und Staabsmedicus | |||||||
Conradi (einem herzlichen Freunde des Hrn. Prof: Iacob) | |||||||
daß Er eine Vocation auf die Uniuersitaet Giessen bekommen habe; | |||||||
worann ich jetzt zu zweifeln anfange. - Wenn Sie einige Zeit übrig | |||||||
haben, so geben Sie mir, so wohl was die obige Angelegenheit betrift, | |||||||
als auch sonst von literärischen Neuigkeiten gütige Nachricht; aber | |||||||
wohl zu verstehen, daß Sie Ihren Brief nicht frankiren, welches ich | |||||||
für Beleidigung aufnehmen würde. | |||||||
Gelegentlich bitte meine Hochachtung an Hrn Prof. Klügel zu | |||||||
versichern und übrigens versichert zu seyn, daß ich mit Hochachtung | |||||||
und Freundschaft jederzeit sey | |||||||
Ew: Hochedelgeb. | |||||||
ergebenster Diener | |||||||
Koenigberg den 9 May. 1791. | I Kant. | ||||||
[ abgedruckt in : AA XI, Seite 255 ] [ Brief 468 ] [ Brief 470 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |