Kant: Briefwechsel, Brief 457, Von Iohann Friedrich Hartknoch. |
|||||||
|
|
|
|
||||
Von Iohann Friedrich Hartknoch. | |||||||
Riga den 9/20 8br. 1790. | |||||||
Wohlgeborner, | |||||||
Insonders hochzuehrender Herr! | |||||||
Verzeihen Ew. Wohlgeb. daß ich mir die Freyheit nehme, Ihnen | |||||||
jetzt noch mit einem Briefe beschwerlich zu fallen, ich würde es nicht | |||||||
gewagt haben, wenn mich nicht eine alte Convention, denen ich gern | |||||||
treu bleiben mag, dazu veranlaßte. | |||||||
Die Metaphysik der Sitten ist vergriffen. Ich sehe mich genöthigt, | |||||||
von diesem so gangbaren Buche eine neue Auflage zu machen, u. | |||||||
frage daher Ew. Wohlgeb. ob Sie etwa gesonnen sind, dieser neuen | |||||||
Aufl[age] durch Zusätze oder Verbesserungen, einigen Vorzug vor der alten | |||||||
zu geben, oder ob sie unverändert bleibt. Auf jeden Fall werde ich | |||||||
nicht ermangeln, Ihnen, sobald ich Anstalt zum Druck mache, das | |||||||
verabredete Honorar auszahlen zu lassen. | |||||||
Bey dieser Gelegenheit kann ich es doch nicht über mein Herz | |||||||
bringen, Ew. Wohlgeb. meinen Schmerz, über die von Ihnen so plötzlich | |||||||
aufgehobene Verbindung, in der Sie so lange mit meinem sel. | |||||||
Vater standen, zu bezeugen. Noch in Ihrem letzten Briefe vom 5 7br. | |||||||
vor[igen] Iahrs sagen Sie: "Ich habe mir hier angebotene ansehnliche Bedingungen | |||||||
ausgeschlagen, indem ich ungern von alten Verbindungen | |||||||
"abgehe. Sobald ich mit meiner unter Händen habenden Arbeit zu | |||||||
"Ende bin, werde Ew. weitere Nachricht ertheilen." O! hätten Ew. | |||||||
Wohlgeb. doch diese Worte nicht geschrieben, u. mir lieber gerade zu | |||||||
gesagt, daß Sie bereits einen andern Verleger hätten, so hätte es mich | |||||||
nicht so sehr geschmerzt, mich von Ihnen verlassen zu sehen. Ich bin | |||||||
ein Anfänger, dessen hauptsächlichste Stütze Ihre vortreffliche Schriften | |||||||
waren, und hoffte meiner Handlung durch die Fortdauer Ihrer Gewogenheit, | |||||||
Ehre zu machen, u. nun sehe mich im Anfang meiner Laufbahn, | |||||||
von einem der ältesten, würdigsten Freunde meines sel. Vaters verlassen. | |||||||
Des Nachtheils für meinen Credit, der daraus erwachsen, will | |||||||
ich nicht gedenken. Daß Sie den jungen Nikolovius, den ich aufrichtig | |||||||
liebe u. hochschätze, mit einem Ihrer Werke unterstützten, würde ich | |||||||
Ihnen nie verdacht haben; da er zu seinem Etablissement, einer solchen | |||||||
Empfehlung bedurfte. Wie aber Lagarde, ein dritter, dessen Handlung | |||||||
blühend und im besten Stande war, zu der Ehre kömmt, Ihr Verleger | |||||||
zu werden, das kann ich nur Verleumdungen oder andern niedrigen | |||||||
Schritten zuschreiben, die mich Ihres Zutrauens u. des Wohlwollens, | |||||||
das Sie doch anfänglich gegen mich äusserten, so gänzlich beraubt | |||||||
haben, daß mich Ew. Wohlgeb. nicht einmal würdigten, mich in ein | |||||||
paar Zeilen von Ihrem Entschluß zu benachrichtigen. Ich kann mir | |||||||
selbst das Zeugniß geben, daß ich wissentlich auf keine Weise Anla | |||||||
dazu gegeben habe. | |||||||
Ich habe bisher gänzlich hierüber geschwiegen, u. würde es noch | |||||||
länger gethan haben, da ich mich niemanden der mich verschmäht, | |||||||
aufdringen, und keines Menschen Gunst erkriechen mag, wenn mich | |||||||
diese Gelegenheit nicht dazu veranlasst hätte. - Nur noch dieß erlauben | |||||||
mir Ew. Wohlgeb. anzumerken, daß keine Bedingungen so vortheilhaft | |||||||
für Sie seyn können, die ich nicht alle willig u. gern erfüllt hätte. | |||||||
Doch dieß könnte Ihnen wohl gar Gelegenheit geben, zu glauben, ich | |||||||
hielte Sie für eigennützig, da doch dieß keinesweges der Fall ist, u. ich, | |||||||
wie ich schon oben geäussert, Ihre Entfernung nur niedrigen Verläumdungen | |||||||
zuschreiben kann. Sollte ich indessen unwissentlich gefehlt | |||||||
haben, so hätte es nur eines Worts, eines freundschaftlichen Winks | |||||||
bedurft, um mich auf meinen Fehler aufmerksam zu machen, den ich | |||||||
mich auf alle mögliche Weise wieder gut zu machen bemüht haben würde. | |||||||
Doch ich will Ew. Wohlgeb. nicht länger mit Klagen beschweren, | |||||||
die Ihnen unmöglich so unangenehm anzuhören seyn können, als es | |||||||
mir sauer wird, sie hinzuschreiben. | |||||||
Noch muß ich erwähnen, daß ich kürzlich in der Litteraturzeitung | |||||||
einen Aufsatz, Ihre kleinen Schriften betreffend, gelesen habe; Da sich | |||||||
nun Ew. Wohlgeb. selbst zur Herausgabe dieser Schriften erbieten, so | |||||||
kann ich um so weniger glauben, daß irgend eine, bereits von meinem | |||||||
Vater verlegte, darunter befindlich seyn könnte, sollte dieß indessen | |||||||
wider alles Vermuthen, der Fall seyn, u. diese kleine Schriften in | |||||||
eines Andern Verlage herauskommen, so werden mir es weder Ew. | |||||||
Wohlgeb. noch der Verleger derselben verdenken, wenn ich alles mögliche | |||||||
anwende, um mir den Besitz meines Eigenthums zu sichern. | |||||||
In Erwartung einer geneigten Antwort auf meine erste Anfrage, | |||||||
habe die Ehre zu seyn | |||||||
Ew. Wohlgeboren | |||||||
ergebener D[iene]r. | |||||||
Ioh. Fr. Hartknoch | |||||||
[ abgedruckt in : AA XI, Seite 231 ] [ Brief 456 ] [ Brief 457a ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |