Kant: Briefwechsel, Brief 429, Von Friedrich Gottlob Born. |
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Von Friedrich Gottlob Born. | |||||||
10. Mai 1790. | |||||||
Magnifice, Wohlgebohrner, | |||||||
Hochgeehrtester Herr Professor! | |||||||
Gegenwärtigen Herrn Block, aus Gallicien, jüdischer Nation, der | |||||||
einige Zeitlang hier studirt hat, und nur um zu absolviren von hier | |||||||
nach Königsberg abgehet, bin ich so frey Ew. Magnificenz bestens zu Dero | |||||||
Wohlwollen zu empfehlen. Er ist ein fleißiger, biederer junger Mann, | |||||||
der mitten unter manchen harten Drangsalen seinen Eifer gute Kenntnisse | |||||||
einzusammlen nicht verloren hat, und den Sie völlig so finden | |||||||
werden, wie ich ihn hier beschreibe. Mit dieser Bitte verbinde ich eine | |||||||
andere. Ich wünsche nämlich einmal mit der Zeit eine pragmatische | |||||||
Geschichte der kritischen Philosophie zu liefern, und fange schon an | |||||||
dazu zu sammlen. Wenn Dieselben gelegentlich bey zufälliger Muse | |||||||
die wichtigsten Puncte Ihres der gelehrten Welt so wichtigen Lebens | |||||||
gütigst aufsetzen und mir übersenden wollten; so würde diese Gewogenheit | |||||||
meine Verbindlichkeit gegen Sie ungemein erhöhen. Meine Uebersetzung | |||||||
der Vernunftkritik ist durch eine langwierige Umarbeitung des | |||||||
Kirschischen lateinischen Lexikons, das ich übernehmen mußte, unterbrochen | |||||||
worden. Ueberdieß ist auch 3 rtlr. für den Bogen ein Honorar, | |||||||
das der Mühe bey weitem nicht entspricht, die man darauf zu verwenden | |||||||
hat. Würde Herr Hartknoch sich zu 5 rtlr. wenigstens verstehen; | |||||||
so könnte der erste Theil künftige Michaelis die Presse verlassen. | |||||||
Das thut er aber nicht; und so werde ich wohl einen andern Verleger | |||||||
suchen müssen. Mit meinem Magazin will es nicht recht sich fördern. | |||||||
Ich kan keine Mitarbeiter kriegen und die Aufsätze meines Mitherausgebers | |||||||
gefallen mir nicht, wegen der Flüchtigkeit, mit der sie hingeworfen | |||||||
sind. Izt wird am vierten Stücke gedruckt, und ich bin sehr | |||||||
geneigt mit diesem zu schließen und eine neue Qvartalschrift ganz auf | |||||||
meinen Namen nach eben dem Plane zu veranstalten, wenn ich einen | |||||||
Verleger dazu auftreiben kan. Uebrigens findet die kritische Philosophie | |||||||
in hiesigen Gegenden immer noch großen Widerstand. Denn, leider! | |||||||
giebts wenig, die denken können, und sie also auf Eberhards Gewäsch | |||||||
verlassen, und dem treulich nachbeten. Man wird es endlich müde das | |||||||
zehnmal aufgewärmte und zwanzimal beantwortete Zeug aufs neue zu | |||||||
lesen und zu beantworten. Diese Messe ist hier und auswärts wieder | |||||||
viel solch elendes Geschreibsel erschienen. Ich wünsche Ew. Magnificenz | |||||||
langes dauerhaftes Wohlseyn, der ich mit ungemessener Hochachtung | |||||||
verharre | |||||||
Ew. Magnificenz Wohlgeb. | |||||||
Leipzig | ganz ergebenster | ||||||
am 10 May | Friedrich Gottlob Born. | ||||||
1790 | den 12ten Mertz. 1791 erhalten I Kant | ||||||
[ abgedruckt in : AA XI, Seite 172 ] [ Brief 428 ] [ Brief 430 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |