Kant: Briefwechsel, Amtl. Schriftverkehr 17, Die Universität an das Etatsministerium. (Entwurf) |
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Die Universität an das Etatsministerium. | |||||||
(Entwurf) | |||||||
[26. Iuli 1791.] | |||||||
Allerdurchlauchtigster etc | |||||||
Es ist jetzt das sechste Semestre, daß Ew: K. M. allerhöchste | |||||||
Verordnung d. d. Berlin den 23 Dec: 1788, wegen Annehmung der | |||||||
Novizien auf die Universität, genau und mit gutem Fortgange befolgt | |||||||
worden. Das Zudringen derselben ist durch die Strenge, welche die | |||||||
Examinationscommissionen vorschriftmäßig ausüben, auch dermaaßen | |||||||
vermindert worden, daß in den 5 seit dem abgelaufen Semestribus die | |||||||
Zahl derjenigen, welche hiesiges Orts zur Initiation gelangt sind, im | |||||||
Durchschnitt auf jedes Semestre nur 43 beträgt, statt daß die vor | |||||||
jener neuen Einrichtung abgelaufene 5 Semestria, unerachtet aller damals | |||||||
schon angewandten Schärfe der Prüfung doch im Durchschnitt | |||||||
für jedes halbe Iahr 72 derselben gaben; eine Verminderung, die, | |||||||
bey der Menge der Stellen im Lande, welche durchaus Studirte ererfordern, | |||||||
besorgen läßt: daß viele derselben unbesetzt bleiben müssen, | |||||||
wenn nicht etwa die fortschreitende Verbesserung der Schulen eine | |||||||
größere Zahl tüchtiger Subjecte, wie bisher geschehen, für die Universität | |||||||
liefert. | |||||||
Dieser glückliche Gang der Schulgeschäfte wurde den 13ten Julij | |||||||
a. c. durch ein eigenmachtiges Verfahren des General Majors von | |||||||
Gillern unterbrochen, welcher zwey aus der lateinischen Schule in Lyck | |||||||
mit den erforderlichen Zeugnissen der Reife von der dortigen Schulcommission | |||||||
entlassene, unter dem enrollement seines hier garnisonirenden | |||||||
Regiments stehende, junge Leute, Dittlof und Vsko, deren ersterer | |||||||
eines Bauren der zweyte eines Schuhmachers Sohn ist, aus dem Grunde, | |||||||
weil die allerhöchste Cabinetsordre d. d. Potsdamm den 21 Julij. 1784 | |||||||
noch nicht aufgehoben worden, welche seinem Dafürhalten nach | |||||||
besagte, "daß die Söhne der Bauren und Bürger in kleinen Städten | |||||||
das Gewerbe ihrer Eltern erlernen sollten" so fort einzog, ihre Zeugnisse | |||||||
der Vniversitaet nicht zurücklieferte, sie selber aber den Tag darauf | |||||||
an das Depotbatallion transportiren lies. | |||||||
Nun besagt aber jene allerhochste Cabinetsordre keinesweges: da | |||||||
Söhne der Bürger und Bauren in kleinen Städten von der Universität | |||||||
ausgeschlossen bleiben solten, sondern schärft nur ein, darauf Rücksicht | |||||||
zu nehmen und ihr Zudringen zur Universität durch die Strenge der | |||||||
Prüfung ihrer Tauglichkeit zu derselben einzuschränken; wie denn auch | |||||||
die darauf durch den damaligen Generallieutenant und Generalinspecteur | |||||||
in Ostpreussen v. Anhalt eingeführte gedruckte Facultätszeugnisse von | |||||||
den Chefs der Regimenter respectirt und unweigerlich mit ihrem Erlaubnisschein | |||||||
begleitet wurden: | |||||||
wodurch also auch der Vorwand wegfällt daß jene Cabinetsordre | |||||||
noch nicht aufgehoben worden; da sie nichts dem gegenwärtigen Verfahren | |||||||
wiederstreitendes enthält: | |||||||
Dagegen es im Königl. Allerhochsten Rescript d. d. Berlin den 17 Febr. | |||||||
1789 so lautet "daß es in Ansehung der Cantonisten lediglich bey der | |||||||
bisherigen Einrichtung verbleibe: daß nämlich keiner derselben immatriculirt | |||||||
werden darf, der nicht vorher reif zur Universität befunden | |||||||
und einen sich darauf gründenden Abschied, oder Erlaubnisschein | |||||||
des Regiments, worunter er gehört, vorzeigen kan" woraus folgt: da | |||||||
das Zeugnis der Reife dem Regimente ein hinreichender Grund zu | |||||||
der von ihnen zu ertheilenden Erlaubnis seyn solle. | |||||||
Da nun gegenwärtiger Vorfall ein allgemeines Schrecken in | |||||||
Schulen und bey Eltern erregen muß, die, wenn sie nicht unter die | |||||||
eximirte nach der Cabinetsordre vom 1 Nov. 1746 gehören, jetzt wegen | |||||||
ihrer Kinder in größten Sorgen stehen müssen, von deren Fähigkeit | |||||||
und Fleisse sie sich ein Fortkommen im Fache der Studien gegründete | |||||||
Hofnung machen konnten da nun, wenn, über die neueste, in der That | |||||||
nützliche Erschwerung des Zudringens zur Universität, noch andere sehr | |||||||
in der Willkühr der Regimenter stehende Hindernisse hinzu kommen | |||||||
sollten, dieser Weg Ew: Königl. Majestät Dienste zu leisten beynahe | |||||||
ganz verlassen werden dürfte: so flehen wir Allerhochst=Dieselbe in tiefster | |||||||
Unterthänigkeit an dem General von Gillern den Befehl zu ertheilen, | |||||||
gedachte zwey nunmehro vermuthlich schon beym Regimente angestellte | |||||||
Novitios zu dimittiren, u.s.w. | |||||||
[ abgedruckt in : AA XII, Seite 435 ] [ Amtl. Schriftverkehr 16 ] [ Amtl. Schriftverkehr 18 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |