Kant: AA XXIII, Ergänzungen zum ... , Seite 494 |
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01 | vorgelesen hat, Ihre wiederholte Großmuth gegen diesen unverdorbenen | ||||||
02 | und wackeren jungen Mann und Ihr Eifer, Ihre Zeit zur möglichst | ||||||
03 | vollständigen Erwerbung nützlicher Kenntnisse, statt der Ihrem Alter so | ||||||
04 | verführerischen Vergnügungen zu verschwenden, haben die Erwartung | ||||||
05 | von Ihren guten Anlagen weit übertroffen und lassen mich mit Ungedult | ||||||
06 | wünschen, Sie ... in Ihre Vaterstadt wiederum zurückkehrend, empfangen | ||||||
07 | zu können.... | ||||||
08 | In Göttingen werden, außer den Arzneigelehrten, Lichtenberg | ||||||
09 | und Heyne Ihnen herrliche Erweiterungen der Kenntnisse verschaffen .. | ||||||
347. | |||||||
11 | An Heinrich Jung=Stilling. | ||||||
12 | nach d. 1. März 1789. | ||||||
13 | Sie sehen, Theurester Mann, alle Untersuchungen, die die Bestimmung | ||||||
14 | des Menschen angehen, mit einem Interesse an, das Ihrer Denkungsart | ||||||
15 | Ehre macht und wovon der bey weitem größte Theil speculirender | ||||||
16 | Köpfe nichts fühlt, der nur von dem Interesse ihrer Schule, oder ihrer | ||||||
17 | eigenen Eitelkeit eingenommen ist. Sie thun auch daran sehr wohl, | ||||||
18 | daß Sie die letzte Befriedigung ihres nach einem sicheren Grunde der | ||||||
19 | Lehre und der Hofnung strebenden Gemüths im Evangelium suchen, | ||||||
20 | diesen unvergänglichen Leitfaden wahrer Weisheit, mit welchem nicht | ||||||
21 | allein eine ihre Speculation vollendende Vernunft zusammentrift, | ||||||
22 | sondern daher sie auch ein neues Licht in Ansehung dessen bekömmt, | ||||||
23 | was, wenn sie gleich ihr ganzes Feld durchmessen hat, ihr noch immer | ||||||
24 | dunkel bleibt und wovon sie doch Belehrung bedarf. | ||||||
25 | Daß Ihnen die Critik der Vernunft in dieser Absicht nützlich gewesen, | ||||||
26 | muß ich eher Ihrer guten Denkungsart, die aus allem, wenn gleich | ||||||
27 | Mangelhaften, Gutes zu ziehen weiß, als meinem Verdienste zuschreiben. | ||||||
28 | Am wenigsten aber hätte ich erwartet, daß Sie in dem System der Categorien, | ||||||
29 | welches freylich aller Eintheilung der Principien einer wissenschaftlichen | ||||||
30 | Erkenntnis aus Begriffen a priori zum Grunde liegen muß | ||||||
31 | für die bürgerliche Gesetzgebung und ein darnach mögliches System | ||||||
32 | derselben, Hülfe suchen würde[n]. Ich glaube auch, daß sie hierin nicht fehl | ||||||
33 | gerathen haben. | ||||||
34 | Die Principien, die Sie der Gesetzgebung zum Grunde Ihrer Eintheilung | ||||||
35 | zu legen in Vorschlag bringen, können nicht füglich dazu dienen, | ||||||
36 | weil sie insgesammt noch als praecepta für den Menschen im Naturzustande | ||||||
37 | gelten, selbst das 3te nicht ausgenommen: „sey ein Glied der | ||||||
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