Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Zum Ewigen ... , Seite 184 |
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01 | als gar keines es für den Unterthan Pflicht ist sie so lange beharren zu | ||||||
02 | lassen bis die Herrschergewalt sich selbst allmälig zu reformen durch die | ||||||
03 | Natur der Sachen und die Vorstellungen der Unterthanen bewegen | ||||||
04 | wird, oder auch für den Souverän Pflicht gegen den Staat die größere | ||||||
05 | Vereinigung die Kräfte desselben wenn es auch durch gesetzwiedrigen | ||||||
06 | Despotism wäre bis zur Verringerung der Gefahr von außen noch | ||||||
07 | fortdauren zu lassen. - Sagt jemand aber dagegen um die Praxis | ||||||
08 | mit der Theorie in Zwiespalt zu versetzen der Machthabende so wohl | ||||||
09 | als Gehorchende würde bey allem von ihm zugestandenen Sollen | ||||||
10 | und Können doch nicht wollen seine selbstsüchtige Neigung dem Rechtsbegriffe | ||||||
11 | aufopfern d. i. wenn man Menschen nimmt wie er ist (cereus | ||||||
12 | in vitium flecti monitoribus asper) lasse er sich als selbst ungerecht nicht | ||||||
13 | durch Rechtsgesetze bändigen und selbst das Unrecht in der Regierungsart | ||||||
14 | werde verhältnisweise gegen solche verderbte Wesen zur Gerechtigkeit: | ||||||
15 | so sagt er mehr als er beweisen kann z. B. in dem Satze machtige | ||||||
16 | Fürsten werden nie anders als durch Krieg ihre Rechte ausmachen | ||||||
17 | wollen. Denn daß dieser provisorisch in die menschliche Natur in ihrer | ||||||
18 | Rohigkeit (zur Cultur) gelegt ist beweist nicht daß er auch peremtorisch | ||||||
19 | als von dem Endzweck unabtrennliches Mittel für den Menschen beschlossen | ||||||
20 | sey und es nur ein Vorwand der Praktiker ihn auf blos mechanische | ||||||
21 | Staats u. Rechtskentnis zu bedecken und zu verschönern. - So | ||||||
22 | sehr aber auch der Verstos der Praxis gegen die Theorie wohl gar | ||||||
23 | zur Maxime allgemein angenommen werden mag so darf doch wenigstens | ||||||
24 | diese selbst als die Idee welche dem Menschen seine Pflicht vorhält | ||||||
25 | nicht verfalscht oder gar als leer verlassen werden. | ||||||
26 | Zweite Seite |
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27 | Nun gründet aber der Practiker (dem die Moral bloße Theorie ist) | ||||||
28 | seine trostlose Absprechung unserer gutmütigen Hoffnung selbst bey | ||||||
29 | eingeräumtem Sollen und Können eigentlich darauf daß er aus der | ||||||
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