Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 329 |
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01 | eingeschränkt ist, widerspreche also den Bedingungen dieser | ||||||
02 | Art nicht; nämlich ich stelle mir blos die intelligibile vor, davon der | ||||||
03 | Gedanke schon im Begriff eines mundi phaenom. liegt, in welchem alles | ||||||
04 | bedingt ist, also widerstreitet die Vernunft hier nicht der Totalität der | ||||||
05 | Bedingungen. | ||||||
06 | Dieser sceptische Stillstand, der keinen Scepticism, d.i. keine Verzichtthuung | ||||||
07 | auf Gewißheit in Erweiterung unserer Vernunfterkenntniß | ||||||
08 | über die Grenze möglicher Erfahrung enthält, ist nun sehr wohlthätig; | ||||||
09 | denn ohne diese hätten wir die größeste Angelegenheit des Menschen, | ||||||
10 | womit die Metaphysik als ihrem Endzweck umgeht, entweder aufgeben | ||||||
11 | und unsern Vernunftgebrauch blos aufs Sinnliche einschränken, oder | ||||||
12 | den Forscher mit unhaltbaren Vorspiegelungen von Einsicht, wie so lange | ||||||
13 | geschehen ist, hinhalten müssen: wäre nicht die Kritik der reinen Vernunft | ||||||
14 | dazwischen gekommen, welche durch die Theilung der gesetzgebenden | ||||||
15 | Metaphysik in zwey Kammern, sowohl dem Despotism des Empirism, | ||||||
16 | als dem anarchischen Unfug der unbegrenzten Philodoxie abgeholfen hat. | ||||||
17 | No. III. |
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18 | Randanmerkungen. |
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19 | Sowohl die unbedingte Möglichkeit als Unmöglichkeit des Nichtseyns | ||||||
20 | eines Dinges sind transcendente Vorstellungen, die sich gar nicht denken | ||||||
21 | lassen, weil wir ohne Bedingung, weder etwas zu setzen, noch aufzuheben | ||||||
22 | Grund haben. Der Satz also, daß ein Ding schlechthin zufällig existire, | ||||||
23 | oder schlechthin nothwendig sey, hat beyderseits niemals einigen Grund. | ||||||
24 | Der disjunctive Satz hat also kein Object. Eben als wenn ich sagte: | ||||||
25 | Ein jedes Ding ist entweder x oder non x, und dieses x gar nicht kennete. | ||||||
26 | Alle Welt hat irgend eine Metaphysik zum Zwecke der Vernunft, | ||||||
27 | und sie, sammt der Moral, machen die eigentliche Philosophie aus. | ||||||
28 | Die Begriffe der Nothwendigkeit und Zufälligkeit scheinen nicht | ||||||
29 | auf die Substanz zu gehen. Auch fragt man nicht nach der Ursache des | ||||||
30 | Daseyns einer Substanz, weil sie das ist, was immer war und bleiben | ||||||
31 | muß, und worauf, als ein Substrat, das Wechselnde seine Verhältnisse | ||||||
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