Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 285 |
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01 | diese, als Substanzen, innerlich nicht als ganz leer annehmen will. | ||||||
02 | Einfache Substanzen aber, die in sich das Vermögen der Vorstellungen | ||||||
03 | haben, werden von Leibnitz Monaden genannt. Also bestehen | ||||||
04 | die Körper aus Monaden, als Spiegel des Universums nämlich, | ||||||
05 | d.i. mit Vorstellungskräften begabt, die sich von denen der denkenden | ||||||
06 | Substanzen nur durch den Mangel des Bewußtseins unterscheiden | ||||||
07 | und daher schlummernde Monaden genannt werden, von | ||||||
08 | denen wir nicht wissen, ob das Schicksal sie nicht dereinst aufwecken | ||||||
09 | dürfte, vielleicht gar schon unendlich viel nach und nach zum Erwachen | ||||||
10 | gebracht und wieder in den Schlummer habe zurückfallen lassen, um | ||||||
11 | dereinst aufs neue zu erwachen, und als Thier nach und nach | ||||||
12 | in Menschenseelen, und so weiter zu höhern Stufen hinaufzustreben; | ||||||
13 | eine Art von bezauberter Welt, zu deren Annehmung | ||||||
14 | der berühmte Mann nur dadurch hat verleitet werden können, daß | ||||||
15 | er Sinnenvorstellungen als Erscheinungen, nicht, wie es seyn sollte, | ||||||
16 | für eine von allen Begriffen ganz unterschiedene Vorstellungsart, | ||||||
17 | nämlich Anschauung, sondern für ein, aber nur verworrenes, | ||||||
18 | Erkenntniß durch Begriffe annahm, die im Verstande, nicht in der | ||||||
19 | Sinnlichkeit ihren Sitz haben. | ||||||
20 | Der Satz der Identität des Nichtzuunterscheidenden, | ||||||
21 | der Satz des zureichenden Grundes, das System der vorherbestimmten | ||||||
22 | Harmonie, endlich die Monadologie, machen zusammen | ||||||
23 | das Neue aus, was Leibnitz und nach ihm Wolf, dessen metaphysisches | ||||||
24 | Verdienst in der praktischen Philosophie bey weitem größer | ||||||
25 | war, in die Metaphysik der theoretischen Philosophie zu bringen versucht | ||||||
26 | haben. Ob diese Versuche Fortschritte derselben genannt zu werden | ||||||
27 | verdienen, wenn man gleich nicht in Abrede zieht, daß sie dazu wohl | ||||||
28 | vorbereitet haben mögen, mag am Ende dieses Stadiums dem Urtheile | ||||||
29 | derer anheim gestellt bleiben, die sich darin durch große Nahmen nicht | ||||||
30 | irre machen lassen. | ||||||
31 | Zu dem theoretisch-dogmatischen Theile der Metaphysik gehört auch | ||||||
32 | die allgemeine rationale Naturlehre, d.i. reine Philosophie über Gegenstände | ||||||
33 | der Sinne, der der äußern, d.i. rationale Körperlehre, und des | ||||||
34 | innern, die rationale Seelenlehre, wodurch die Principien der Möglichkeit | ||||||
35 | einer Erfahrung überhaupt auf eine zwiefache Art Wahrnehmungen | ||||||
36 | angewandt werden, ohne sonst etwas Empirisches zum Grunde zu legen, | ||||||
37 | als daß es zwey dergleichen Gegenstände gebe. — In beyden kann nur | ||||||
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