Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 283 |
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| 01 | nur den Mangel an Lust, das Laster nur den Mangel an Tugendantrieben, | ||||||
| 02 | und die Ruhe eines bewegten Körpers nur den Mangel | ||||||
| 03 | an bewegender Kraft zum Grunde haben, weil nach bloßen Begriffen | ||||||
| 04 | Realität = a nicht der Realität = b, sondern nur dem Mangel = 0 | ||||||
| 05 | entgegengesetzt seyn kann, ohne in Betrachtung zu ziehen, daß in der | ||||||
| 06 | Anschauung, z.B. der äußern, a priori, nämlich im Raume, eine | ||||||
| 07 | Entgegensetzung des Realen (der bewegenden Kraft), gegen ein andres | ||||||
| 08 | Reale, nämlich einer bewegenden Kraft in entgegengesetzter Richtung | ||||||
| 09 | und so auch, nach der Analogie in der innern Anschauung, einander | ||||||
| 10 | entgegengesetzte reale Triebfedern in einem Subject verbunden | ||||||
| 11 | werden können, und die a priori erkennbare Folge von diesem Konflikt | ||||||
| 12 | der Realitäten, Negation seyn könne; aber freylich hätte er zu | ||||||
| 13 | diesem Behuf einander entgegenstehende Richtungen, die sich nur in | ||||||
| 14 | der Anschauung, nicht in bloßen Begriffen vorstellen lassen, annehmen | ||||||
| 15 | müssen, und dann entsprang das wider den gesunden Verstand, selbst | ||||||
| 16 | sogar wider die Moral verstoßende Prinzip, daß alles Böse als | ||||||
| 17 | Grund = 0, d.i. bloße Einschränkung, oder, wie die Metaphysiker | ||||||
| 18 | sagen, das Formale der Dinge sey. So half ihm also sein Satz des | ||||||
| 19 | zureichenden Grundes, da er diesen in bloße Begriffe setzte, auch nicht | ||||||
| 20 | das Mindeste, um über den Grundsatz analytischer Urtheile, den Satz | ||||||
| 21 | des Widerspruchs, hinauszukommen, und sich durch die Vernunft | ||||||
| 22 | a priori synthetisch zu erweitern. | ||||||
| 23 | 3) Sein System der vorherbestimmten Harmonie, ob es zwar damit | ||||||
| 24 | eigentlich auf die Erklärung der Gemeinschaft zwischen Seele und | ||||||
| 25 | Körper abgezielt war, mußte doch vorher im Allgemeinen auf die | ||||||
| 26 | Erklärung der Möglichkeit der Gemeinschaft verschiedener Substanzen, | ||||||
| 27 | durch die sie ein Ganzes ausmachen, gerichtet werden, und | ||||||
| 28 | da war es freylich unvermeidlich; darin zu gerathen, weil Substanzen | ||||||
| 29 | schon durch den Begriff von ihnen, wenn sonst nichts Andres dazu | ||||||
| 30 | kommt, als vollkommen isolirt vorgestellt werden müssen; denn | ||||||
| 31 | da einer jeden, vermöge ihrer Subsistenz, kein Accidenz inhäriren darf, | ||||||
| 32 | das sich auf einer andern Substanz gründet, sondern, wenn gleich | ||||||
| 33 | noch andre existiren, jene doch von diesen in nichts abhängen darf, | ||||||
| 34 | selbst dann nicht, wenn sie gleich alle von einer dritten (dem Urwesen), | ||||||
| 35 | als Wirkungen von ihrer Ursache abhingen, so ist gar kein Grund da, | ||||||
| 36 | warum die Accidenzen der einen Substanz sich auf einer andern | ||||||
| 37 | gleichartigen äuseren in Ansehung dieses ihres Zustandes gründen | ||||||
| 38 | müssen. Wenn sie also gleichwohl als Weltsubstanzen in Gemeinschaft | ||||||
| 39 | stehen sollen, so muß diese nur ideal, und kann kein realer (physischer) | ||||||
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