Kant: AA XX, Bemerkungen zu den Beobachtungen ... , Seite 183

     
           
 

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Lose Blätter zu den Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen

[ I. Kant: Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, 1764 (AA II, 205) ]    
         
  01 Die Neigung des Frauenzimmers zu den Romanen kommt vielleicht      
  02 daher, weil sie wünschen, daß die Leibe die einzige Neigung wäre, wodurch      
  03 die Männer regirt werden.      
           
  04 Sowie der größeste Überfluß, der aus der freien Regirung entspringt,      
  05 endlich darauf hinausläuft, Alles in Sclaverey und endlich in      
  06 Armuth zu verstoßen, so muß die unnatürliche Freiheit des weiblichen      
  07 Geschlechts und die Annehmlichkeit, die sie dadurch genießen und ertheilen,      
  08 am Ende darauf hinauslaufen, sie völlig verächtlich und endlich      
  09 zu Sclavinnen zu machen.      
           
  10 Herr Hume glaubt, ein Frauenzimmer ohne die Kenntniß der Geschichte      
  11 ihres Vaterlandes oder von Griechenland und Rom könne niemals      
  12 den Umgang mit Leuten von Verstand unterhalten. Er bedenkt      
  13 aber nicht, daß sie nicht dazu sind, den Männern zum Unterhalt des      
  14 Nachdenkens, sondern zur Erholung von demselben zu dienen. Die      
  15 Geschichte nutzt gar nichts ohne einen Grad von Philosophie, wenn es      
  16 auch nur die moralische wäre. In dieser aber braucht das Frauenzimmer      
  17 nur den Theil der Geschichte, der die Sittlichkeit betrifft, welche sich auf      
  18 ihr Geschlecht bezieht.      
           
  19 Das Frauenzimmer, weil es immer regiren will, nimmt sich ohne      
  20 Bedenken einen Narren.      
           
  21 Die wackere Frau will durch ihren Mann geehrt seyn, die eitle trägt      
  22 nach dieser Ehre nichts, sondern will mit sich selbst in die Augen fallen.      
  23 Die coqvette hat die Absicht Neigungen einzuflößen, ob sie gleich selbst      
  24 keine hat, es ist ein bloßes Spiel der Eitelkeit.      
           
  25 Alle Neigungen sind entweder ausschließend oder theilnehmend.      
  26 Die ersteren sind eigennützig, die anderen gemeinnützig. Die Selbstliebe      
  27 und Selbstschätzung ist ihrer Natur nach aber nicht ausschließend;      
  28 die Eigenliebe und der Eigendünkel aber sind es. Die Weiberliebe ist      
  29 ausschließlich in Ansehung anderer Männer nach dem Gesetze der Natur.      
  30 Der blos wollüstige Trieb oder die verliebte Wuth kann sogar ausschließend      
           
    01 L. Bl. Schubert I, Neue Preußische Provinzialblätter Bd. XII 1857, S. 55 — 56.      
           
           
     

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