Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 273

     
           
 

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  01 einzelne hernimmt. Eben so wird er gewahr, daß die seine Glückseeligkeit      
  02 (g von ) anderer vernünftiger wesen Freyheit abhängt, II: und wenn ein      
  03 ieder sich selbst blos zum Gegenstande hat, dieses mit der Selbstliebe nicht      
  04 stimmen will, daß er seine eigene Glückseeligkeit aus Begriffen und auch      
  05 restringirt durch die Bedingungen so fern er Urheber der allgemeinen Glückseeligkeit      
  06 ist oder wenigstens andern als Urhebern der ihrigen nicht wiederstreitet      
  07 sehen müsse.      
           
  08 Die wahre Moralitat besteht in den Gesetzen der Erzeugung der      
  09 (g wahren ) Glückseeligkeit aus Freyheit überhaupt. Im Anfange also, da      
  10 nur blos auf Befriedigung der instincte und Wohlbefinden der Wille gerichtet      
  11 wird, entsteht alles Böse eben aus der Freyheit, da der Mensch nicht      
  12 durch instinct, der sonst einen weisen Urheber hat, regirt werden soll.      
  13 Freyheit kan nur nach Regeln eines allgemein gültigen Willens bestimmt      
  14 werden, weil sie sonst ohne alle Regel seyn würde.      
           
  15 I: (g Causalitaet. Die Beschaffenheit der (reinen) Freyheit, dadurch      
  16 sie sich selbst die Ursache der Glückseeligkeit ist; sie ist aber die Ursache      
  17 der Glückseeligkeit durch die Uebereinstimmung allgemeiner Willkühr.      
  18 Die innere Gutartigkeit des Willens. An sich selbst ist der Wille gut,      
  19 der mit dem allgemeinen Willen zusammen stimmt. )      
           
  20 S. II:      
           
  21 Christus lehrte nicht die langen Psalmen Davids auch nicht die Rache      
  22 gegen Feinde beten wie die Pharisäer.      
           
  23 Eine gewisse politische Wohlfarth konte allerdings wohl daher daraus      
  24 erfolgen, wenn sie durch die treue Befolgung der ihnen auferlegten Observanzen      
  25 in einer gewissen beständigen Disciplin standen und unter einem      
  26 priesterlichen Regiment, welches so viel über Gemüther vermag, fester als      
  27 ihre Nachbarn unter sich vereinigt waren. (g Die Priester schoben alle      
  28 öffentliche Uebel und Plagen auf die Uebertretung der Gottesdienstlichen      
  29 Pflichten, d. i. der Ermangelung des schuldigen Gehorsams gegen sie. Hat      
  30 diese Religion auch iemals gute Menschen gemacht? ) Allein die häusliche      
  31 Wohlfarth wird ohne Zweifel damals so wie iederzeit nicht eben der Andacht      
  32 den Gottesdienstlichen Handlungen und Begehung heiliger Gebräuche      
  34 belohnt haben sondern ist mehrentheils so wie ietzt dem Fleiße der Geschicklichkeit,      
     

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