Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 504

     
           
 

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  01 Th 2':      
  02 Wir leben in einem Zeitalter, welches seines gleichen in der Geschichte      
  03 des Menschlichen Verstandes noch nicht gehabt hat. Zwar hat      
  04 das Menschliche Gemüth zwar vielleicht alle Mogliche Thorheit und      
  05 Wahn einer irregehenden Vernunft schon erschöpft, und man wird zu      
  06 jedem neuen Unsinn in der alten Zeit wohl immer ein Beyspiel auffinden;      
  07 aber daß sich alle Arten von Ungereimtheiten und wahn zugleich und zwar      
  08 öffentlich zeigen, indessen die wahre Nachforschung ihr Vernunft ihre Geschäfte      
  09 offentlich und ruhig treibt: das ist der als ein unvermeidlicher      
  10 Misbrauch der nun allererst aufkeimenden Freyheit zu denken anzusehen,      
  11 welche so wie in Staaten, die den Despotism abgeworfen haben, zuerst      
  12 anarchie und bürgerliche Zerrüttung, endlich aber doch einen Gesetzmäßigen      
  13 bürgerlichen Zustand hervorbringen muß. Das bürgerliche      
  14 obrigkeitliche Ansehen mengt sich in keine Streitgkeiten, die blos das      
  15 (g offentliche (Schriftliche )) Denken angehen, als lediglich so fern dieses      
  16 Religion betrift, weil diese wirklich eine machtige Stütze der Moralitaet      
  17 und vermittelst ihrer der bürgerlichen Ruhe Sicherheit und Verbindung      
     

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