Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 227

     
           
 

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  01 Die transscendentalphilosophie bedarf der ideen eben so nothwendig      
  02 als Moral.      
           
  03 Platons hyperbolische erhebung der Ideen als Urbilder sind in der      
  04 hochsten Intelligentz, wenn sie personificirt werden, nicht zu tadeln; sie      
  05 sind das Richtmaas der Dinge, die sich einander einschränken und ihren      
  06 Zwek einzeln nicht erfüllen, so daß keine Erfahrung damit congruirt.      
           
  07 S. IV:      
  08 Ob nicht der Schlus von der Menschlichen Seele durch die Weltbegriffe      
  09 auf Gott und von diesem so zurük auf das intelligibele Leben der      
  10 Seele gehe?      
           
  11 Woher kommt aber der dialectische Schein bey den transscendentalen      
  12 Ideen. Das, was allen Schein macht: namlich die Verwechslung der      
  13 subiectiven Bedingungen unseres Denkens mit den obiectiven. Diesen      
  14 können wir nicht vermeiden, weil wir ein obiect unbedingt denken müssen      
  15 und keine andere Art es zu denken haben als nur die, welche die besondere      
  16 Beschaffenheit unseres Subiects mit sich bringt. Wir können aber doch      
  17 die vernünftelnde Schlüsse entweder in forma oder in minore oder maiori      
  18 entwikeln, weil die Synthesis weiter geht, als die data und die Schlusart      
  19 erlauben. Die supposition der reinen Vernunft ist, wenn man das Voraussetzt,      
  20 was man beweisen soll, und durch die Folgerungen es beweiset.      
  21 Es wird namlich das a priori durchgangig Bestimmte vorausgesetzt, um      
  22 die durchgangige Bestimmung alles Moglichen sich dadurch vorzustellen.      
           
  23 Wenn ich annehme: Ich bin keine Erscheinung des inneren Sinnes,      
  24 sondern eine Sache an sich selbst und noumenon, so müssen meine inhaerirende      
  25 accidentia auch noumena seyn. atqvi: Ich stelle mir die      
  26 Reihen der Bedingungen in der Erscheinung vor; also müssen sie in mir      
  27 an sich selbst gegeben seyn. Die Conclusion, zur minore im episyllogism      
  28 gemacht, heißt: Wenn alle Erscheinungen in Einem an sich selbst gegeben      
  29 seyn, so ist die Idee von der durchga, welche die Dinge an sich selbst bestimmt,      
  30 in irgend einer Intelligenz gegeben.      
           
     

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