Kant: AA XIV, Physische Geographie. , Seite 557 |
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01 | und schlägt darin auch wirklich aus, wenn die Bedingungen | ||||||
02 | statt finden, die in vorigem Falle angemerkt sind. Denn wenn die Geschwindigkeit | ||||||
03 | desselben wie vorher ist, und er fängt aus dem Puncte b | ||||||
04 | mit der Geschwindigkeit ba an, so wird die westliche Geschwindigkeit, die | ||||||
05 | er wegen der Achsendrehung der Erde von dem Orte seines Ausganges | ||||||
06 | mitbringt, verursachen, daß er in derselben Zeit den Bogen ag = db | ||||||
07 | zurücklege und am Ende derselben in g seyn, mithin wird er eigentlich die | ||||||
08 | Diagonallinie bg durchlaufen, welche aus Süden nach Westen abweicht. | ||||||
09 | Diese Nebenrichtung muß, nachdem er weiter nach Norden fortrückt und | ||||||
10 | in immer kleinere Parallelkreise tritt, beständig zunehmen, bis der Wind, | ||||||
11 | der vorher südlich war, beinahe ganz westlich wird. | ||||||
12 | Es ist von sich selbst klar, daß auf der andern Halbkugel W. S. O. | ||||||
13 | alles dieses dem vorigen entsprechend geschehen müsse, so daß in | ||||||
14 | eines dort gelegenen Ortes der Südwind ein Südost, der Nordwind aber | ||||||
15 | in seinem Fortgange nordwestlich werden müsse. | ||||||
16 | Der dritte Satz, den ich aus beiden vorhergehenden folgere, ist: daß | ||||||
17 | in dem Ocean weit von allen Ufern nahe zum Äquator ein ziemlich beständiger | ||||||
18 | und allgemeiner Ostwind wehen müsse, doch so, daß er in einigen | ||||||
19 | Graden der Breite auf der nördlichen Hemisphäre eine Nebenrichtung aus | ||||||
20 | Norden und in der andern aus Süden habe. Der physische Grund dieser | ||||||
21 | Winde liegt in der Verdünnung der Luft zwischen den Tropicalkreisen | ||||||
22 | durch die größere Sonnenwärme in diesem Erdgürtel. Die Luft, die daselbst | ||||||
23 | fast jederzeit wärmer ist als anderwärts, steigt um ihrer Leichtigkeit | ||||||
24 | willen unaufhörlich, und giebt dem stärkern Gewichte der Luft der gemäßigten | ||||||
25 | Zone beider Halbkugeln nach. Da nun in der Höhe der Atmosphäre die | ||||||
26 | Luft, so wie alle Flüssigkeiten, bestrebt ist, sich in dieselbe Wagerechte mit | ||||||
27 | den andern zu stellen, so muß die steigende Tropicalluft beständig oberwärts | ||||||
28 | nach beiden Polen abfließen, und daher die Luftsäule zwischen den Wendecirkeln | ||||||
29 | jederzeit leichter seyn, als in den Nebenzonen. Dadurch geschieht | ||||||
30 | es, daß von den beiden Hemisphären die Luft zu diesem Platze der Verdünnung, | ||||||
31 | dessen Mittel der Äquator ist, hinstreicht auf der nördlichen mit | ||||||
32 | einer Wehung aus Norden, auf der andern aber aus Süden. Da beide | ||||||
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