Kant: AA XII, Briefwechsel undatiert , Seite 348 |
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899. | |||||||
02 | Von [Iohann Benjamin Erhard]. | ||||||
03 | [Beilage.] | ||||||
04 | 1) Es fehlt der Moral und den Naturrecht an allgemeingeltenden Principien, | ||||||
05 | und doch sind alle möglichen Versuche diese Principien in äussern Verhältnißen | ||||||
06 | zu finden schon gemacht. | ||||||
07 | 2) Eben so erhielt sich jede Hauptfecte der Philosophie noch immer, und war allezeit | ||||||
08 | in Widerlegung der andern siegreich | ||||||
09 | 3) Dieß schlägt alle Hofnung nieder jemals zur Einigkeit zu gelangen wenn sich | ||||||
10 | nicht eine gantz verschiedene Betrachtungsart, dieser Objecte auffinden lasst, | ||||||
11 | die von diesen Phänomen in der Philosophischen Welt hinlängliche Rechenschaft | ||||||
12 | gibt. | ||||||
13 | 4) Man kan sich zu diesen Versuch die Aufgabe so vorlegen: was kan ich überhaupt | ||||||
14 | von diesen Gegenstanden wissen? | ||||||
15 | 5) Dieß führt auf die Untersuchung des Wissens selbst und da dieses das Wort | ||||||
16 | in weitre Bedeutung genommen 3 Hauptclassen hat, nehmlich 1) das aus Begriffen, | ||||||
17 | 2) das aus Figuren und Rechnungen und 3) das aus Erfahrung bewiesene | ||||||
18 | letzte 2 aber die größte Uberzeugung bey sich führen, so ist am sichersten | ||||||
19 | von ihnen anzufangen. | ||||||
20 | 6) Was sind die Bedingungen für Erfahrung wäre also die erste Frage | ||||||
21 | 7) In der Kritik ist sie beantwortet, und die Beantwortung gab zugleich die | ||||||
22 | Entscheidungsgründe zur Beantwortung der Hauptfrage (4) | ||||||
23 | 8) Allein hiezu ist der klare Begriff von Erfahrung zum Grunde gelegt, der aber | ||||||
24 | als ein wirklich schon sehr zusammengesetzter Begriff verschiedentlich gedacht | ||||||
25 | werden kan; in ihm liegt also die Quelle der Mißverständnisse über die Kritik. | ||||||
26 | 9) Das unbestrittne Ingredienz jeder Erfahrung sind Vorstellungen, sie sind also | ||||||
27 | ein noch einfacherer Gegenstand als Erfahrung, und wenn man die Frage | ||||||
28 | also, so stellte, was sind die Bedingungen für Vorstellung, so würde der Begriff | ||||||
29 | von Erfahrung, dadurch mehr bestimmt. | ||||||
30 | 10) Vorstellung, ist der höchste Begriff, der allen muß vorgestellt werden, wenn | ||||||
31 | sich also im allgemeinen etwas bestimmen liesse, so müßte dieß von allen | ||||||
32 | Gegenstanden der Erkenntniß gelten | ||||||
33 | 11) Dieß läßt sich aber, weil die Vorstellungen nicht gegebne Dinge sind, von | ||||||
34 | denen sich nur gemeinsame Merkmale abstrahiren ließen, sondern weil sie uns | ||||||
35 | angehören und also unter den Bedingungen stehen müssen, vermöge welcher | ||||||
36 | sie unsere Vorstellungen sind. | ||||||
37 | 12) Die Untersuchung dieser Bedingungen, giebt die Theorie des Vorstellungsvermögen | ||||||
38 | überhaupt. | ||||||
39 | 13) Nach dieser Theorie laßen sich dan die besondern Arten von Vorstellungen, | ||||||
40 | zwar nicht ableiten, aber genau in ihrer Art bestimmen und ihre Kennzeichen | ||||||
41 | angeben. | ||||||
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