Kant: AA XII, Briefwechsel 1798 , Seite 265

     
           
 

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    827.      
  02 Von Iohann Gottfried Carl Christian Kiesewetter.      
           
  03 25. Nov. 1798.      
           
  04 Innigstgeliebter Freund und Lehrer,      
           
  05 Sein Sie nur nicht böse, daß ich erst jetzt Ihren lieben Brief      
  06 beantworte, ich wollte Ihnen nicht eher schreiben bis ich Ihnen den      
  07 Abgang der Rüben melden könnte und da diese fortgeschickt waren,      
  08 fanden sich eine Menge Hindernisse, die mich bis jetzt vom Schreiben      
  09 abhielten. Das Fäßchen mit Rüben müssen Sie bald nach Empfang      
  10 dieses Briefs erhalten, der Fuhrmann der es Ihnen bringt heißt Wegener,      
  11 das Fäßchen ist gezeichnet: H. P. K. in Königsberg in Preussen,      
  12 Fracht, Accise und Zoll ist alles schon errichtet, so daß Sie es durch      
  13 Lampe ohne alle weitere Umstände können abholen laßen. Sie glauben      
  14 nicht, wie herzlich ich mich freue, wenn ich eine Gelegenheit erhalte      
  15 Ihnen irgend worin dienen zu können; ich wünsche nur recht sehr,      
  16 daß die Rüben Ihren Beifall erhalten möchten; es sind eingebohrne      
  17 Teltower und die ich zur Probe kochen ließ haben mir gefallen. Ihre      
  18 Köchin muß sie an einem trockenen Ort in Hexel aufbewahren, und      
  19 wen sie sie kocht mit lauem, nicht mit kaltem Wasser abwaschen, und so      
  20 gleich in die heiße Fleischbrühe oder das heiße Wasser kochen. Setzen      
  21 Sie kein Mistrauen in den Rath, er kömmt nicht von mir, sondern      
  22 von meiner Mutter die eine gute alte Hausfrau ist.      
           
  23 Ihr Streit der Fakultäten und Ihre Anthropologie haben mir      
  24 unendlich viel Freude gemacht, die letztere vergegenwärtigte mir oft die      
  25 glückliche Zeit, da ich Ihres mündlichen Unterrichts genoß; eine Zeit,      
  26 die mir ewig unvergeßlich sein wird. Könnte ich Sie doch noch einmal      
  27 sehen und Ihnen persönlich danken. Sie sind der Schöpfer meines      
  28 Glücks, was ich etwa weiß und was ich bin verdanke ich größtentheils      
  29 Ihnen, und der Gedanke, daß ich kein unwürdiger Schüler von Ihnen      
  30 bin, macht mich froh. - O mein theurer Freund, wie unendlich viel      
  31 Gutes haben Sie durch Ihre Schriften gestiftet, welch eine reiche Erndte      
  32 kann die Welt von dem Saamen erwarten, den Sie ausgestreut haben.      
           
  33 Was Ihr System in England für Fortschritte macht, werden Sie      
  34 wahrscheinlich durch Herrn Nitsch erfahren haben; ich habe neuerdings      
  35 Nachrichten aus Frankreich über diesen Gegenstand erhalten, die ich      
  36 Ihnen mittheilen will. Ihre Schrift, zum ewigen Frieden, erregte      
           
     

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