Kant: AA XII, Briefwechsel 1795 , Seite 001

     
           
 

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    648.      
  02 Von Wilhelm Traugott Krug.      
           
  03 2. Ian. 1795      
           
  04 Wohlgebohrner,      
  05 Hochgelehrtester Herr,      
  06 Hochzuverehrender Herr Professor,      
           
  07 So lange ich auch auf Entschuldigungsgründe sinnen möchte, um      
  08 den Verdacht der Zudringlichkeit von mir abzuwenden, deren ich mich      
  09 durch Überschickung meiner ersten literarischen Arbeiten gegen Ew. Wohlgebohrnen      
  10 schuldig mache: so würde ich doch weiter nichts ausfindig      
  11 machen können, als den Umstand, daß ich im letztverwichenen Frühjahr      
  12 entschlossen war, von Iena aus nach dem Abgange des treflichen Reinholds      
  13 noch eine Zeitlang nach Königsberg zu gehen, um mich in      
  14 Ihrer Schule vollends auf diejenige Laufbahn vorzubereiten, die ich      
  15 nun nach einem halbjährigen Aufenthalte in Göttingen bereits angetreten      
  16 habe. Mit innigem Bedauren über den Verlust des Glücks,      
  17 Ihnen persönlich bekannt zu werden, bleibt mir jetzt nichts weiter      
  18 übrig, als durch Übersendung der beygefügten Kleinigkeiten Ihnen      
  19 einen geringen Beweis sowohl von der unbegränzten Hochachtung, die      
  20 ich gemeinschaftlich mit jedem Verehrer Ihrer erhabnen Verdienste      
  21 gegen Ew. Wohlgebohrnen hege, als auch von meinem eifrigen Bestreben      
  22 zu geben, der Welt, soviel es meine eingeschränkten Kräfte erlauben,      
  23 in dem Berufe zu nützen, dem ich mich seit kurzem gewidmet      
  24 habe. Kaum wage ich es übrigens, Dieselben um Mittheilung Ihres      
  25 Urtheils über jene Erstlinge meines Fleißes zu bitten, ob mir gleich      
  26 dasselbe in jeder Hinsicht höchst willkommen seyn würde, da ich weiß,      
  27 daß die Welt weit höhere und gerechtere Ansprüche auf Ihre Muße      
           
     

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