Kant: AA XI, Briefwechsel 1794 , Seite 513 |
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Text (Kant):
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| 01 | Ruhe, Bequemlichkeit und Unabhängigkeit, welche dem Abend Ihres | ||||||
| 02 | so sehr verdienstlichen Lebens gebühren; und seyn Sie versichert, da | ||||||
| 03 | Sie den Meinigen und mir jeden Lebensgenuß dadurch ausnehmend | ||||||
| 04 | erhöhen und versüßen werden. Ich bin zwar nicht reich,aber da ich | ||||||
| 05 | weniger Bedürfnisse als Andere habe, deren Einkünfte und bürgerliche | ||||||
| 06 | Verhältnisse den meinigen gleich sind: so bleibt mir, nach Abzug dessen, | ||||||
| 07 | was ich zum Unterhalt meiner kleinen Familie bedarf, immer noch | ||||||
| 08 | mehr übrig, als zur Verpflegung eines Weisen nöthig ist. | ||||||
| 09 | Ausser der allgemeinen Verpflichtung, die jeder denkende Mensch | ||||||
| 10 | jetzt fühlen muß, Ihnen, wofern Sie sich auch nur in der mindesten | ||||||
| 11 | Verlegenheit befinden sollten, die Hand zu reichen, habe ich für meine | ||||||
| 12 | Person noch die besondere, daß Sie einst unter ähnlichen Umständen | ||||||
| 13 | eine ähnliche Sorge für mich ausserten. Denn noch stehen die gütigen | ||||||
| 14 | Anerbietungen, die Sie mir machten, da ich Dessau verließ, mit | ||||||
| 15 | frischen Buchstaben in meinem Gedächtniß angeschrieben, und werden, | ||||||
| 16 | so lange ich denken kann, darin nie verlöschen. | ||||||
| 17 | Aber wirklich ist es nicht Dankbarkeit, sondern reine Eigennützigkeit, | ||||||
| 18 | was mich angetrieben hat, Ihnen meine obige Bitte vorzutragen: | ||||||
| 19 | denn ich fühle es gar zu stark, wie sehr Sie durch Erfüllung derselben | ||||||
| 20 | mein Glück erhöhen würden. | ||||||
| 21 | Ich wiederhole also diese Bitte auf die dringendste Weise, selbst | ||||||
| 22 | auf die Gefahr hin, daß sie zudringlich scheinen kann. Aber wenn sie | ||||||
| 23 | dies auch selbst in Ihren Augen scheinen sollte: so werden Sie doch | ||||||
| 24 | dies bin ich von Ihrer Güte versichert - der Quelle meiner Zudringlichkeit | ||||||
| 25 | Gerechtigkeit widerfahren lassen. Diese ist die herzlichste Theilnahme | ||||||
| 26 | und die lauterste Verehrung, die ein Sterblicher für den | ||||||
| 27 | andern empfinden kann. | ||||||
| 28 | Campe | ||||||
| 29 | Braunschweig den 27: Iun. 94. | Schulrath. | |||||
| 633. | |||||||
| 31 | An [Iohann Erich Biester]. | ||||||
| 32 | 29. Iuni 1794. | ||||||
| 33 | Der Ihnen, Theuerster Mann! Gegenwärtiges zu überreichen die | ||||||
| 34 | Ehre hat, Hr. Criminal= und Stadtrath, imgleichen Oberbillietier der | ||||||
| 35 | Stadt Königsberg, Jensch mein vieljähriger, wohldenkender, aufgewekter | ||||||
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