Kant: AA XI, Briefwechsel 1793 , Seite 444 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | Bewegung ist diejenige, die durch die Quantität der bewegten | ||||||
| 02 | Materie und ihre Geschwindigkeit zugleich geschätzt wird, und in dem | ||||||
| 03 | gleich darauf folgenden Lehrsatz wird doch bewiesen, daß die Quantität | ||||||
| 04 | der Materie lediglich durch die Größe der Bewegung geschätzt werde. | ||||||
| 05 | Ich weiß recht wohl daß die ganze Ursache dieser Unverständlichkeit | ||||||
| 06 | in meinem Kopfe liege. Aber aller Unwille deshalb gegen mich | ||||||
| 07 | selbst, räumt sie mir nicht aus dem Wege. Ich bitte Sie, theurer | ||||||
| 08 | Lehrer, auf die inständigste Weise mich hierüber zu belehren. Ihnen | ||||||
| 09 | einige Beschwerde zu machen, ist mir sehr unangenehm; aber da ich | ||||||
| 10 | mir wirklich hierin nicht recht helfen kan, so muß ich meinen Wunsch | ||||||
| 11 | gestehen, daß Sie sich entschließen möchten, mir hierauf bald zu antworten. | ||||||
| 12 | Klügel hat in mathematischer Rücksicht mich manchmahl ausgeholfen. | ||||||
| 13 | Aber aus seinem Gespräche bin ich genöthigt zu schließen, | ||||||
| 14 | daß er über die Principien der reinen Naturwissenschaft, niemals gehörig | ||||||
| 15 | nachgedacht habe. | ||||||
| 16 | Der M. Rath der die Critick ins Lateinische zu übersetzen, sich | ||||||
| 17 | erboth, that dem Buchhändler Hartknoch den Antrag, Verleger von | ||||||
| 18 | dieser Arbeit zu werden. Vor etwa 5 Wochen schrieb ihm Hartknoch, | ||||||
| 19 | daß der Prof. Heydenreich in Leipzig ihm auch einen Mann für diese | ||||||
| 20 | Uebersetzung vorgeschlagen habe, und daß er, aus Achtung für das | ||||||
| 21 | Publicum genöthigt sey, eine vernünftige Wahl zu treffen. Er bath | ||||||
| 22 | ihn, ihm eine Probe von seiner Arbeit zu überschicken, wie dann darum | ||||||
| 23 | auch der andere Gelehrte darum ersucht werden sollte, und beyde Proben | ||||||
| 24 | sollten dann einem, beyden unbekannten, fähigen Richter zur Entscheidung | ||||||
| 25 | vorgelegt werden. Anfänglich war Rath hiezu entschlossen. | ||||||
| 26 | Ietzt aber weiß ich nicht, was ihn bedenklich macht den Vorschlag anzunehmen. | ||||||
| 27 | Mir thut dieses leid, weil ich nicht glaube, daß viele mit | ||||||
| 28 | dem reinen wissenschaftlichen Interesse Ihre Schriften studiren, so wie | ||||||
| 29 | mein Freund, und weil ich geneigt bin, zu zweifeln, daß jener mir | ||||||
| 30 | fremde Mann, auch so gut den Sinn der Critick treffen werde, als er. | ||||||
| 31 | Indessen kann ich nicht einsehen, daß Hartknoch fehle, und ich will, | ||||||
| 32 | so gut ich kan[n meinen] Freund zu dem Entschluß, auch seine Probe | ||||||
| 33 | einzuschicken, zu bewegen suchen. | ||||||
| 34 | Vor einiger Zeit las ich in Krusii Weg, zur Gewisheit und Zuverlässigkeit, | ||||||
| 35 | veran[laßt durch] Herrn Schmidts Lexicon und zu meinem | ||||||
| 36 | Verwundern habe ich (§260) die Unterscheidung der analytischen und | ||||||
| 37 | synthetischen Urtheile weit deutlicher darin gefunden, als in der von | ||||||
| [ Seite 443 ] [ Seite 445 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||