Kant: AA XI, Briefwechsel 1792 , Seite 334 |
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01 | Meynung von verdienstlicher Selbstpeinigung seyn die so wie manche | ||||||
02 | vorgebliche Religionsmittel die in der Gunstbewerbung bey höheren | ||||||
03 | Mächten bestehen soll, ohne daß man eben nöthig habe ein besserer | ||||||
04 | Mensch zu seyn, zur moralischen Zurechnung gar nicht gezählt werden | ||||||
05 | müssen. | ||||||
06 | Wenn nun eine solche Umwandlung der Denkungsart Ihrem geliebten | ||||||
07 | Freunde offenbar geworden - wie denn Aufrichtigkeit ihre | ||||||
08 | unverkennbare Sprache hat - so wird nur Zeit dazu erfordert um | ||||||
09 | die Spuhren jenes rechtmäßigen selbst auf Tugendbegriffe gegründeten | ||||||
10 | Unwillens desselben nach und nach auszulöschen und den Kaltsinn in | ||||||
11 | eine noch fester gegründete Neigung zu verändern. Gelingt aber das | ||||||
12 | letztere nicht so war die [die] vorige Wärme der Zuneigung desselben auch | ||||||
13 | mehr physisch als moralisch und würde nach der flüchtigen Natur derselben | ||||||
14 | auch ohne das mit der Zeit von selbst geschwunden seyn; ein | ||||||
15 | Unglück dergleichen uns im Leben mancherley aufstoßt und wobey man | ||||||
16 | sich mit Gelassenheit finden muß da überhaupt der Werth des letzteren | ||||||
17 | so fern es in Dem besteht was wir Gutes genießen können von Menschen | ||||||
18 | überhaupt viel zu hoch angeschlagen wird sofern es aber nach dem geschätzt | ||||||
19 | wird was wir Gutes thun können der höchsten Achtung und Sorgfalt | ||||||
20 | es zu erhalten und fröhlich zu guten Zwecken zu gebrauchen würdig | ||||||
21 | ist. - Hier finden sie nun meine liebe Fr[eundin] wie es in Predigten gehalten | ||||||
22 | zu werden pflegt Lehre Strafe und Trost bey deren ersterer ich | ||||||
23 | etwas länger als bey letzterem ich sie zu verweilen bitte weil wenn iene | ||||||
24 | ihre Wirkung gethan haben der letztere und verlohrne Zufriedenheit | ||||||
25 | des Lebens sich sicherlich von selber finden wird | ||||||
511. | |||||||
27 | Von Georg Gustav Fülleborn. | ||||||
28 | April 1792. | ||||||
29 | Wohlgebohrner Herr, | ||||||
30 | Verehrungswürdigster! | ||||||
31 | Ich rechne auf die große Humanität des Mannes, deßen humaner | ||||||
32 | Philosophie so viele die Beruhigung ihres Geistes und Herzens danken, | ||||||
33 | wenn ich es wage, Ihnen Verehrungswürdigster! diesen Dank für | ||||||
34 | mich und meinen Antheil an Ihren Belehrungen ehrfurchtsvoll abzustatten. | ||||||
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