Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 178 |
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| 01 | auch der Unterschied des Alters macht daß Er seinen Bruder zurücksteht. | ||||||
| 02 | er ließt auch beyde Sprachen, schreibt nicht so gut als jener, und ist | ||||||
| 03 | auch im Rechnen nicht so weit. So viel von meinen Söhnen. | ||||||
| 04 | Wir wünschten in den Führer dieser Kinder vorzüglich einen | ||||||
| 05 | untadelhaften moralischen Charakter zu finden. Er bilde meine Söhne | ||||||
| 06 | erst zu guten Menschen, dann zu brauchbaren Gliedern des Staates. | ||||||
| 07 | Beyde sind zum militair Stand bestimt aber nicht so ausschließungswei | ||||||
| 08 | daß wir nicht wünschen sollten jhnen andre Wege zu bahnen | ||||||
| 09 | wenn unvorhergesehene Umstände Sie von diesen entfernten. Mathematick, | ||||||
| 10 | Geometrie sind die Wißenschafften die wir am meisten bey | ||||||
| 11 | einen Hofmeister anzutreffen wünschten, dann Kenntniße von Natur | ||||||
| 12 | und Völkerrecht damit meine Söhne dem Vaterland dereinst auch im | ||||||
| 13 | politischen Fache nützlich werden können Sprachen Kenntniß wäre ein | ||||||
| 14 | wünschenswerther Zusatz der aber nicht zur Bedingung gemacht wird | ||||||
| 15 | weil wir fürchten daß es ein seltner Vorzug ist. Den Gehalt würden | ||||||
| 16 | wir Eu: HochEdelgebohren selbst zu bestimmen überlaßen und uns hier über | ||||||
| 17 | ihre Meinung erbitten. Unßer Betragen gegen den Mann der die | ||||||
| 18 | schwere Pflicht der Erziehung übernimmt wird immer den Wunsch | ||||||
| 19 | entsprechen in Ihm den Freund unßeres Hauses und unßrer Kinder | ||||||
| 20 | zu finden. Iede Seiner Bemühungen werden jhm Seine Zöglinge mit | ||||||
| 21 | wahrer Anhänglichkeit, wir mit Erkenntlichkeit und Freundschafft lohnen. | ||||||
| 22 | Iedes Talent daß er in jhnen entwickelt danken wir jhm mit Freuden, | ||||||
| 23 | jede Tugend die Er jhren Herzen einflößt mit Entzücken. | ||||||
| 24 | Vergeben Eu: HochEdelgebohren daß ich so weitläuftig ward, es | ||||||
| 25 | betraf daß was mir in diesen Leben am liebsten und am wichtigsten | ||||||
| 26 | ist. Möchten Sie nach dieser Empfindung den Grad meiner Erkenntlichkeit | ||||||
| 27 | berechnen. Sie ist so unbeschränkt als die Hochachtung und | ||||||
| 28 | Ergebenheit mit welcher ich die Ehre habe zu seyn | ||||||
| 29 | Eu: HochEdelgebohren | ||||||
| 30 | ganz gehorsamste Dienerinn | ||||||
| 31 | H. von Thile geb. von Runkel | ||||||
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