Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 054 |
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Text (Kant):
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| 01 | setzt jenen Begrif schon voraus. Doch das sind Kleinigkeiten. | ||||||
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| 03 | Maymons Schrift enthält übrigens so viel scharfsinnige | ||||||
| 04 | daß er sie nicht ohne einen für ihn vortheilhaften Eindruk, | ||||||
| 05 | immer hätte ins Publicum schicken können, auch ohne im mindesten | ||||||
| 06 | mir hiedurch zuwieder zu handeln, ob er gleich einen ganz | ||||||
| 07 | Weg nimmt, als ich; denn er ist doch darinn mit mir einig, | ||||||
| 08 | mit der Festsetzung der Principien der Metaphysik eine Reform | ||||||
| 09 | werden müsse, von deren Nothwendigkeit sich nur wenige | ||||||
| 10 | wollen überzeugen lassen. Allein, was Sie werther Freund verlangen, | ||||||
| 11 | Herausgabe dieses Werks mit einer Anpreisung meiner seits zu | ||||||
| 12 | wäre nicht wohl thunlich, da es doch großentheils auch | ||||||
| 13 | mich gerichtet ist. - Das ist mein Urtheil, im Fall diese | ||||||
| 14 | herausgekommen wäre. Wollen sie aber meinen Rath in Ansehung | ||||||
| 15 | Vorhabens, sie so, wie sie ist, herauszugeben; so halte ich | ||||||
| 16 | daß, da es Hr. Maymon vermuthlich nicht gleichgültig seyn | ||||||
| 17 | völlig verstanden zu werden, er die Zeit, die er sich zur Herausgabe | ||||||
| 18 | nimmt, dazu anwenden möge, ein Ganzes zu liefern; in welchem | ||||||
| 19 | blos die Art, wie er sich die Principien der Erkentnis a priori | ||||||
| 20 | sondern auch was daraus zur Auflösung der Aufgaben der | ||||||
| 21 | reinen Vernunft, welche das Wesentliche vom Zwecke der Metaphysik | ||||||
| 22 | nach seinem Systeme gefolgert werden könne, deutlich gewiesen | ||||||
| 23 | wo denn die Antinomien der r. Vernunft einen guten | ||||||
| 24 | abgeben können, die ihn vielleicht überzeugen werden, da | ||||||
| 25 | den menschlichen Verstand nicht für specifisch einerley mit dem | ||||||
| 26 | und nur durch Einschränkung, d.i. dem Grade nach, von | ||||||
| 27 | unterschieden annehmen könne: daß er nicht, wie dieser, als | ||||||
| 28 | ein Vermögen anzuschauen, sondern nur zu denken, müsse betrachtet | ||||||
| 29 | welches durchaus ein davon ganz verschiedenes Vermögen | ||||||
| 30 | Receptivität) der Anschauung zur Seite, oder besser zum Stoffe, | ||||||
| 31 | müsse, um Erkentnis hervorzubringen und daß, da die letztere, | ||||||
| 32 | die Anschauung, uns blos Erscheinungen an die Hand giebt | ||||||
| 33 | die Sache selbst ein bloßer Begrif der Vernunft ist, die Antinomien, | ||||||
| 34 | gänzlich aus der Verwechselung beyder entspringen, | ||||||
| 35 | aufgelöset werden können, als wenn man die Möglichkeit | ||||||
| 36 | Sätze a priori nach meinen Grundsätzen deducirt. | ||||||
| 37 | beharre unveränderlich Ihr treuer Diener und Freund | ||||||
| 38 | I Kant. | ||||||
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