Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 034 |
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| 01 | ein Ganzes aus, von welchem das dritte, von S. 307 an, den | ||||||
| 02 | Hauptpunct meiner Einleitung in die Critik angreift und S. 317 | ||||||
| 03 | triumphirend schließt: "So hätten wir also bereits etc." - Ich | ||||||
| 04 | kan nicht unterlassen hierüber einige Anmerkungen zu machen, damit | ||||||
| 05 | derjenige, welcher sich bemühen will ihn zurecht zu weisen, die Hinterlist | ||||||
| 06 | nicht übersehe womit dieser in keinem Stücke aufrichtige Mann | ||||||
| 07 | alles, sowohl worinn er selbst schwach, als wo sein Gegner stark ist, in | ||||||
| 08 | ein zweydeutiges Licht zu stellen aus dem Grunde versteht. Ich werde | ||||||
| 09 | nur die pagina der Stellen und den Anfang der letzteren mit einigen | ||||||
| 10 | Worten anführen und bitte das übrige selbst nachzusehen. Die Wiederlegung | ||||||
| 11 | der einzigen 4ten Numer des 3ten Stücks kan schon den ganzen | ||||||
| 12 | Mann, seiner Einsicht sowohl als Charakter nach, kennbar machen. | ||||||
| 13 | Meine Anmerkungen werden hauptsächlich S. 314 bis 319 gehen. | ||||||
| 14 | S. 314-15 heißt es "demnach wäre der Unterschied etc. bis: | ||||||
| 15 | "wenn wir uns etwas bestimmtes dabey denken sollen". | ||||||
| 16 | Seine Erklärung eines synthet: Urtheils a priori ist ein bloßes | ||||||
| 17 | Blendwerk, nämlich platte Tavtologie. Denn in dem Ausdrucke eines | ||||||
| 18 | Urtheils a priori liegt schon, daß das Prädicat desselben nothwendig | ||||||
| 19 | sey. In dem Ausdrucke synthetisch, daß es nicht das Wesen | ||||||
| 20 | noch ein wesentliches Stück des Begrifs, welches dem Urtheile zum | ||||||
| 21 | Subiecte dient, sey; denn sonst wäre es mit diesem identisch und das | ||||||
| 22 | Urtheil also nicht synthetisch. Was nun nothwendig mit einem Begriffe | ||||||
| 23 | als verbunden gedacht wird, aber nicht durch die Identität, das | ||||||
| 24 | wird durch das, was im Wesentlichen des Begriffes liegt, als etwas | ||||||
| 25 | anderes, d. i. als durch einen Grund, damit nothwendig verbunden | ||||||
| 26 | gedacht; denn es ist einerley zu sagen: das Prädicat wird nicht im | ||||||
| 27 | wesentlichen des Begriffes und doch durch dasselbe nothwendig gedacht, | ||||||
| 28 | oder es ist in demselben (dem Wesen) gegründet, das heißt: es muß | ||||||
| 29 | als Attribut des Subiects gedacht werden. Also ist jene vorgespiegelte | ||||||
| 30 | große Entdeckung nichts weiter als eine schaale Tavtologie, wo, indem | ||||||
| 31 | man die technische Ausdrüke der Logik den wirklichen darunter gemeynten | ||||||
| 32 | Begriffen unterschiebt, man das Blendwerk macht, als habe man | ||||||
| 33 | wirklich einen Erklärungsgrund angegeben. | ||||||
| 34 | Aber diese vorgebliche Entdeckung hat noch den zweyten unverzeihlichen | ||||||
| 35 | Fehler, daß sie, als angebliche Definition, sich nicht umgekehren | ||||||
| 36 | läßt. denn ich kan allenfalls wohl sagen: Alle synthetische Urtheile | ||||||
| 37 | sind solche, deren Prädicate Attribute des Subiects sind, aber | ||||||
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