Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 002 |
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01 | kann, so bin ich doch in Absicht auf die bequemste und zweckmässigste | ||||||
02 | Ordnung und Methode der systematischen Bearbeitung der einzelnen | ||||||
03 | Pflichten in keiner geringen Verlegenheit; da mich die bisherigen | ||||||
04 | Systeme nicht befriedigen. Einige Winke von einem Manne, der gewiß | ||||||
05 | auch hierüber selbst gedacht hat, könnten für mich äusserst lehrreich, | ||||||
06 | und ihre sorgfältigste und dankbarste Befolgung von meiner Seite | ||||||
07 | meinen Zuhörern überaus nutzbar seyn. | ||||||
08 | Außerdem gestehe ich noch einige Dunkelheit meiner Vorstellung | ||||||
09 | von demienigen, was über Pflicht, ihre verschiedenen Arten (Grade) | ||||||
10 | und über Verdienst in Ihren Schrifften vorkömmt. Nehmlich nach | ||||||
11 | S. 152. der Cri. der pr. Vern. giebt es keine verdienstliche Handlung, | ||||||
12 | sondern alles ist Pflicht d. h. apodictische Forderung der Vernunft, | ||||||
13 | die unserm Belieben und unsern Neigungen nichts überläßt. | ||||||
14 | Eben dahin zielt auch, wenn ich nicht irre, die Anweisung der Methodenlehre | ||||||
15 | S. 276 zu verhüten, daß die Einbildung des Verdienstlichen, | ||||||
16 | den Gedanken an Pflicht nicht verdränge. Gleichwohl wird | ||||||
17 | in eben dieser Cri. S. 282. von unerlaßlichen oder sogenannten | ||||||
18 | Pflichten gegen Gott so gesprochen als gäbe es auch erlaßliche | ||||||
19 | Pflichten. Auf einen solchen Unterschied bezieht sich auch S. 284. die | ||||||
20 | verlangte Unterscheidung zwischen legibus obligandi und obligantibus | ||||||
21 | (deren Entwikkelung mir viel Schwürigkeit macht) und die | ||||||
22 | Auseinandersetzung des Unterschiedes zwischen wesentlichen und verdienstlichen | ||||||
23 | Pflichten in der Grundl. z. Metaph. der Sitten S. 53. | ||||||
24 | 57. 67., wodurch ich [mich] zwar in Stand gesetzt sehe, einzelne Fälle | ||||||
25 | unter diese Begriffe zu subsumiren, dennoch aber "nicht vermögend | ||||||
26 | "bin, mir und andern klar auseinanderzusetzen, wie die Begriffe | ||||||
27 | "Pflicht u. erlaßlich, verdienstlich etc. sich mit einander ohne | ||||||
28 | "Widerspruch vereinigen laßen, wie die Nothwendigkeit einer Handlung | ||||||
29 | "verschiedene Arten und Grade haben könne, und in wiefern die eigne | ||||||
30 | "Neigung freyen Spielraum in Ansehung einiger pflichtmäßigen | ||||||
31 | "(durch Vernunft nothwendig bestimmten) Handlungen behalten könne | ||||||
32 | "und dürfe." Einige Belehrung hierüber, die Ihnen hoffentlich nicht | ||||||
33 | allzu viel Zeit rauben wird, deren möglichste Schonung ich für eine | ||||||
34 | heilige Pflicht gegen das Publicum erkenne, würde auf meine eigne | ||||||
35 | Beruhigung so wie auf die Nutzbarkeit meiner Vorlesungen einen | ||||||
36 | überaus großen Einfluß haben, und ich bin daher des festen Vertrauens, | ||||||
37 | Eu. Wohlgebohren werden die Gewogenheit haben, und mich | ||||||
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