Kant: AA X, Briefwechsel 1777 , Seite 217

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 haben wird, so, daß Sie hoffen können, in gemächlichere und weniger      
  02 erschöpfende Arbeit wiederum einzutreten. Ist dieses, so werden um      
  03 der Wichtigkeit des Instituts Willen, dem Sie sich so uneigennützig      
  04 gewidmet haben, alle Rechtschaffene wünschen, daß Sie sich diese Erholung      
  05 bis solange erlauben, um eine menschlichen Kräften mehr      
  06 angemessene Arbeit bald darauf mit erneuerter Munterkeit vorzunehmen.      
  07 Solte dieses aber, wie ich traurig besorge, nicht mit Grunde,      
  08 wenigstens so bald nicht, zu hoffen seyn, würde es denn wohl rathsam      
  09 seyn, diese Zeit hindurch mit dem Mangel zu kämpfen, um nach einiger      
  10 Ruhe wiederum eben dieselbe erschöpfende Arbeit zu übernehmen? So      
  11 herzlich meine Wünsche auch auf das Beste des Philanthropins gehen,      
  12 so scheint es mir doch, daß man lieber den Mann erhalten, als in ihm      
  13 dem Institute ein am Ende doch fruchtloses Opfer bringen müsse.      
           
  14 In dieser Betrachtung, die mir bey Lesung Ihres Briefes auffiel,      
  15 beschlos ich Ihnen einen Vorschlag, der sich mir in ganz natürlicher Weise      
  16 darboth, so eilig wie möglich mitzutheilen; damit Sie davon, nach      
  17 Dero wohlmeinender und kluger Uberlegung, nach Belieben Gebrauch      
  18 machen könten.      
           
  19 Es ist hier in Königsberg die Stelle eines Oberhofpredigers und      
  20 Generalsuperintendenten von Ost= und Westpreussen schon seit geraumer      
  21 Zeit ledig, nachdem H. D. Starck um gewisser Privatuneinigkeit      
  22 willen und selbst, nach dem Urtheile aller seiner Freunde, ohne einige      
  23 wichtige Ursache, es müste denn sein Wiederwille gegen das Predigtamt      
  24 überhaupt seyn, seine dimission genommen, um an das Mitauische      
  25 Gymnasium als Professor zu gelangen. Durch diese Abdication scheint      
  26 diese sehr gute Stelle auswärtig in Nachrede gebracht zu seyn, so, da      
  27 noch bis ietzt keiner dazu hat ausfindig gemacht werden können, der      
  28 sich dazu qvalificirte und sie hätte annehmen wollen, (denn hier ist      
  29 niemand der dazu schicklich wäre) ausser einem gewissen conrector in      
  30 Brandenburg, der dazu in Vorschlag gebracht worden, aber von dem      
  31 Könige mit der Bemerkung ausgeschlagen worden: daß die Stelle,      
  32 welche der Oberhofprediger Qvandt bekleidet hätte, durch keinen conrector      
  33 besetzt werden könte.      
           
  34 Diese Stelle trägt, wenn die Profession eines Professoris Theologiae      
  35 Ordinarii , welche auch vacant ist, damit verbunden wird, wie ich glaubwürdig      
  36 vernommen, auf 1200 rthlr. und ohne dieselbe über      
  37 800 rthl. Es gehöret dazu auch eine sehr schöne Wohnung auf      
           
     

[ Seite 216 ] [ Seite 218 ] [ Inhaltsverzeichnis ]