Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 209 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
01 | eine bloße Kinderei gewesen, und selbst eine weitläuftige Widerlegung | ||||||
02 | derselben würde keinen besseren Namen verdienen. Nun aber | ||||||
03 | zeigt die Kritik (um nur ein einziges Beispiel unter vielen anzuführen), | ||||||
04 | daß es in der Körperwelt, als dem Inbegriffe aller Gegenstände äußerer | ||||||
05 | Sinne, zwar allerwärts zusammengesetzte Dinge gebe, das Einfache aber | ||||||
06 | in ihr gar nicht angetroffen werde. Zugleich aber beweiset sie, daß die | ||||||
07 | Vernunft, wenn sie sich ein Zusammengesetztes aus Substanzen, als Ding | ||||||
08 | an sich (ohne es auf die besondere Beschaffenheit unserer Sinne zu beziehen), | ||||||
09 | denkt, es schlechterdings als aus einfachen Substanzen bestehend | ||||||
10 | denken müsse. Nach demjenigen, was die Anschauung der Gegenstände im | ||||||
11 | Raume nothwendig bei sich führt, kann und soll die Vernunft kein Einfaches | ||||||
12 | denken, welches in ihnen wäre, woraus folgt: daß, wenn unsere | ||||||
13 | Sinne auch ins Unendliche geschärft würden, es doch für sie gänzlich unmöglich | ||||||
14 | bleiben müßte, dem Einfachen auch nur näher zu kommen, viel | ||||||
15 | weniger endlich darauf zu stoßen, weil es in ihnen gar nicht angetroffen | ||||||
16 | wird; da alsdann kein Ausweg übrig bleibt, als zu gestehen: daß die | ||||||
17 | Körper gar nicht Dinge an sich selbst und ihre Sinnenvorstellung, die | ||||||
18 | wir mit dem Namen der körperlichen Dinge belegen, nichts als die Erscheinung | ||||||
19 | von irgend etwas sei, was als Ding an sich selbst allein das | ||||||
20 | Einfache*) enthalten kann, für uns aber gänzlich unerkennbar bleibt, weil | ||||||
21 | die Anschauung, unter der es uns allein gegeben wird, nicht seine Eigenschaften, | ||||||
*) Ein Object sich als einfach vorstellen, ist ein blos negativer Begriff, der der Vernunft unvermeidlich ist, weil er allein das Unbedingte zu allem Zusammengesetzten (als einem Dinge, nicht der bloßen Form) enthält, dessen Möglichkeit jederzeit bedingt ist. Dieser Begriff ist also kein erweiterndes Erkenntnißstück, sondern bezeichnet blos ein Etwas, sofern es von den Sinnenobjecten (die alle eine Zusammensetzung enthalten) unterschieden werden soll. Wenn ich nun sage: das, was der Möglichkeit des Zusammengesetzten zum Grunde liegt, was also allein als nicht zusammengesetzt gedacht werden kann, ist das Noumen (denn im Sinnlichen ist es nicht zu finden), so sage ich damit nicht: es liege dem Körper als Erscheinung ein Aggregat von so viel einfachen Wesen als reinen Verstandeswesen zum Grunde; sondern, ob das Übersinnliche, was jener Erscheinung als Substrat unterliegt, als Ding an sich auch zusammengesetzt oder einfach sei, davon kann niemand im mindesten etwas wissen, und es ist eine ganz mißverstandene Vorstellung der Lehre von Gegenständen der Sinne, als bloßen Erscheinungen, denen man etwas Nicht=Sinnliches unterlegen muß, wenn man sich einbildet oder andern einzubilden sucht, hiedurch werde gemeint, das übersinnliche Substrat der Materie werde eben so nach seinen Monaden getheilt, wie ich die Materie selbst theile; denn da würde ja die Monas (die nur die Idee einer nicht [Seitenumbruch] wiederum bedingten Bedingung des Zusammengesetzten ist) in den Raum versetzt, wo sie aufhört ein Noumen zu sein und wiederum selbst zusammengesetzt ist. | |||||||
[ Seite 208 ] [ Seite 210 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||