Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 201

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Gewandtheit zu seiner Absicht gewählt, und wiewohl er aus leicht zu errathenden      
  02 Ursachen diese eben nicht entdeckt, so ist es doch nicht schwer      
  03 und für die Beurtheilung derselben nicht überflüssig, den Plan derselben      
  04 ans Licht zu bringen. Er will die objective Realität des Begriffs von einfachen      
  05 Wesen, als reiner Verstandeswesen, beweisen und sucht sie in den      
  06 Elementen desjenigen, was Gegenstand der Sinne ist; ein dem Ansehen      
  07 nach unüberlegter und seiner Absicht widersprechender Anschlag.      
  08 Allein er hatte seine gute Gründe dazu. Hätte er seinen Beweis allgemein      
  09 aus bloßen Begriffen führen wollen, wie gewöhnlicher Weise der      
  10 Satz bewiesen wird, daß die Urgründe des Zusammengesetzten nothwendig      
  11 im Einfachen gesucht werden müssen, so würde man ihm dieses eingeräumt,      
  12 aber zugleich hinzugesetzt haben: daß dieses zwar von unseren Ideen, wenn      
  13 wir uns Dinge an sich selbst denken wollen, von denen wir aber nicht die      
  14 mindeste Kenntniß bekommen können, keinesweges aber von Gegenständen      
  15 der Sinne (den Erscheinungen) gelte, welche allein die für uns erkennbaren      
  16 Objecte sind, mithin die objective Realität jenes Begriffs gar nicht      
  17 bewiesen sei. Er mußte also selbst wider Willen jene Verstandeswesen      
  18 in Gegenständen der Sinne suchen. Wie war da nun herauszukommen?      
  19 Er mußte dem Begriffe des Nichtsinnlichen durch eine Wendung, die er      
  20 den Leser nicht recht merken läßt, eine andere Bedeutung geben als die,      
  21 welche nicht allein die Kritik, sondern überhaupt jedermann damit zu verbinden      
  22 pflegt. Bald heißt es, es sei dasjenige an der sinnlichen Vorstellung,      
  23 was nicht mehr mit Bewußtsein empfunden wird, wovon aber      
  24 doch der Verstand erkennt, daß es dasei, so wie die kleinen Theile der      
  25 Körper, oder auch der Bestimmungen unseres Vorstellungsvermögens, die      
  26 man abgesondert sich nicht klar vorstellt: bald aber (hauptsächlich wenn es      
  27 darauf ankommt, daß jene kleine Theile präcis als einfach gedacht werden      
  28 sollen), es sei das Unbildliche, wovon kein Bild möglich ist, was unter keiner      
  29 sinnlichen Form S. 171 (nämlich einem Bilde) vorgestellt werden      
  30 kann. - Wenn jemals einem Schriftsteller Verfälschung eines Begriffs      
  31 (nicht Verwechselung, die auch unvorsetzlich sein kann) mit Recht ist vorgeworfen      
  32 worden, so ist es in diesem Falle. Denn unter dem Nichtsinnlichen      
  33 wird allerwärts in der Kritik nur das verstanden, was gar nicht, auch      
  34 nicht dem mindesten Theile nach, in einer sinnlichen Anschauung enthalten      
  35 sein kann, und es ist eine absichtliche Berückung des ungeübten Lesers,      
  36 ihm etwas am Sinnenobjecte dafür unterzuschieben, weil sich von ihm      
  37 kein Bild (worunter eine Anschauung, die ein Mannigfaltiges in gewissen      
           
     

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